Test Fahrbericht Honda Civic: Ambitionierter Außenseiter

Quelle: sp-x

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Weltweit ist der Honda Civic eine große Nummer. Bei uns fährt der Golf-Gegner in der Nische. Mit schickem Design und ambitionierter Technik soll die elfte Generation des Modells das ändern.

Honda hat dem neuen Civic ein gefälliges Design gegeben.
Honda hat dem neuen Civic ein gefälliges Design gegeben.
(Bild: Honda)

Von wegen Golf-Klasse! Aus deutscher Sicht mag diese Bezeichnung für das Segment der Kompakten vielleicht noch durchgehen. Honda würde wohl eher von der Civic-Liga sprechen. Aus gutem Grund: Der Autohersteller hatten schon Kompaktautos im Angebot, als aus Wolfsburg noch der Käfer krabbelte. Mit bislang zehn Generationen wurde der Civic zudem häufiger erneuert. Das hat bei uns nur kaum jemand mitbekommen.

Der Civic ist vor allem in den USA eine ganz große Nummer. Diesseits des Atlantiks findet er höchstens noch in England viel Beachtung. Hierzulande ist er tief in der Nische verschwunden. Damit soll bald Schluss sein: Im Herbst bringt Honda nach weltweit bald 30 Millionen Verkäufen die elfte Generation in den Handel. Los geht es bei 31.900 Euro.

Erstes digitales Display im Honda Civic

Vor allem das gefällige Design soll für mehr Aufmerksamkeit sorgen. Das ist wieder vergleichsweise unkonventionell – weil der Civic mit 4,55 Metern für die Kompaktklasse arg groß geraten ist. Und weil es ihn nur als viertüriges Schrägheck gibt statt mit steilem Abschluss wie Golf & Co.. Schließlich gibt Amerika als größter Markt beim Zuschnitt den Ton an – und die Kunden hier können mit unseren handlichen „Hatchbacks“ halt wenig anfangen. Doch wo der letzte Civic fast zur Karikatur mutierte, ist der neue wenigstens wieder aus Konsens konzipiert und eckt entsprechend wenig an.

Das gilt auch für die angenehm geräumige Kabine mit genügend Platz auf allen Plätzen und soliden 410 Litern Kofferraum. Das stolze Format und ein üppiger Radstand von 2,73 Metern machen es möglich. Im Cockpit herrscht eine gute Balance zwischen analoger und digitaler Bedienwelt. Es gibt das erste digitale Display und daneben einen Touchscreen. Die Lüftung ist eine Augenweide: Statt vieler einzelner Düsen gibt es ein durchlaufendes Gitter im Armaturenbrett. HInter dem bläst zugfrei aber wirkungsvoll die Klimaautomatik.

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Honda Civic kommt nur als Hybrid

Während sich Honda damit wieder in die Mitte des Marktes bewegt, rollt der Hersteller mit seiner Antriebsstrategie zumindest bei den deutschen Kunden wieder an den Rand. Der einzige Motor für den Civic ist ein Hybrid, der dem gleichen Prinzip folgt wie schon im Jazz: Die meiste Zeit fährt das Auto elektrisch mit einer 184 PS starken Maschine und 315 Newtonmetern an der Vorderachse. Der auf zwei Liter gewachsene Vierzylinder treibt mit 143 PS nur einen zweiten E-Motor als Generator an. Erst unter Last übernimmt der Benziner zusätzlich einen Anteil am Vortrieb.

Das klingt kompliziert – und hört sich bisweilen so an, weil Drehzahl und Klangbild nicht immer zum Fahrgefühl passen wollen. Hinzu kommt: Der im Windkanal geschliffene und gut isolierte Civic ist ansonsten so leise, dass diese Misstöne direkt durchdringen. Doch das Zusammenspiel klappt erstaunlich gut – und führt zu ausgesprochen vernünftigen Alltagsverbräuchen nicht weit von den 4,7 Litern aus dem WLTP-Zyklus. Das erübrigt einen Diesel tatsächlich.

Nur wenige hundert Meter elektrisch fahren

Schade ist, dass der Hybrid bei uns im Gegensatz zu weniger subventions-regulierten Märkten zumindest mit der aktuellen Förderpolitik schnell durchs Raster fällt: weil ihm der Stecker fehlt. Und weil der Puffer-Akku gerade mal 1,05 kWh fasst, bewegt er sich auch nur ein paar wenige hundert Meter rein elektrisch – und das lediglich bei mäßigem Tempo. In Zeiten fortschreitender Elektrifizierung macht es Honda seinem Bestseller unnötig schwer.

Dabei hat der Civic eine Chance verdient. Denn für ein derart vernünftiges Auto ist er erfreulich vergnüglich: Das Fahrwerk stramm, die Lenkung präzise und die Bremsen bissig, wird die Landstraße schon mal zur Lustmeile. Vor allem in Sportmodus, wenn der Antrieb länger die Drehzahl hält, weil die Elektronik die Kurven erkennt – und wenn ein Soundmodul den Klang des im Atkinson-Prinzip arbeitenden Vierzylinders und das Surren des Elektromotors ein bisschen in jene Zeiten schiebt, als Honda noch die japanische Antwort auf BMW war. Schade nur, dass das Vergnügen schon bei 180 km/h wieder vorbei ist. Dann gewinnt die Vernunft der Ingenieure die Oberhand.

Civic Type R soll noch dieses Jahr kommen

Vernunft oder Vergnügen – im Bemühen, beides zu vereinen und es mit einem Modell allen recht zu machen, kann der Civic in der einen wie in der anderen Disziplin nicht voll überzeugen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden: Noch in diesem Jahr nimmt ein neuer Civic Type R auf der Überholspur den Kampf gegen das Mittelmaß auf. Und wenn Honda es ernst meint mit der Ansage, die Elektrifizierung zu beschleunigen, sollte der Civic bald auch besser stromern können. (thg)

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