Leichtbau-Gipfel 2018 „Leichtbau gewinnt an Bedeutung“
Jean-Marc Ségaud, Leiter der Technologieentwicklung der BMW AG, zeigt auf dem Leichtbau-Gipfel 2018 wie aktuelle Trends die Anforderungen an die Komponentenentwicklung beeinflussen. Und auch die persönlichen Fähigkeiten junger Mitarbeiter fordern neue Strukturen.
Anbieter zum Thema

Was ist künftig entscheidend beim Autokauf? „Die Zukunft der Autoindustrie entscheidet nicht der Antrieb, sondern das vernetzte Fahrzeug und das autonome Fahren“, ist Jean-Marc Ségaud, Leiter Technologieentwicklung bei BMW, überzeugt. Gleichwohl haben die verschiedenen Antriebsarten großen Einfluss auf die internen Prozesse. Dieser Bedeutungswandel einzelner automobiler Gewerke spiegelt sich auch in der Zulieferkette wider. So weist nach Angaben von Ségaud ein Elektroantrieb bis zu 85 Prozent weniger Teile als ein verbrennungsmotorischer Antrieb auf. Dieser Paradigmenwechsel betrifft nicht nur die klassischen Zulieferer von Teilen und Systemen, sondern auch die Inhouse-Lieferantenorganisationen der OEMs. Komponentenwerke wie etwa das Leichtbau- und Werkstoffzentrum Landshut von BMW stehen künftig in einem noch schärferen Wettbewerb an mehreren Fronten.
Beispielsweise wird bei Elektrofahrzeugen der Leichtbau weiter an Bedeutung gewinnen, da die Traktionsbatterien noch längere Zeit große Massen in das Fahrzeug bringen und eine begrenzt markttaugliche Reichweite aufweisen werden. Eine elegante Lösung ist die Funktionsintegration in größere Bauteile, um so Gewicht, Prozessschritte und -kosten einzusparen. Hier bieten neue Gussprozesse für Leichtmetalle und Kunststoffe, neue Verbundwerkstoffe oder auch die additive Fertigung genügend Innovationspotenzial, erläuterte Ségaud auf dem Leichtbau-Gipfel der Fachzeitschrift »Automobil Industrie« am 13. März 2018 in Würzburg.
Fokus auf neue Fügetechniken
So faszinierend hochintegrierte Komponenten bezüglich Gewichtseinsparung und Funktionsvielfalt auch sind, so haben sie doch auch Schattenseiten. Etwa, wenn es um das Fügen mit den benachbarten Komponenten geht. So ist das im Rohbau weit verbreitete Punktschweißen bei vielen „neuen“ Bauteilen nicht mehr möglich, weshalb andere Fügetechniken wie etwa Nieten, Clinchen, Fließschrauben oder Kleben in den Fokus rücken. Nur: die Umrüstung der Rohbaulinien auf neue Fertigungstechniken verschlingt viel Zeit und Geld, das die OEMs an anderen Stellen (Konnektivität, automatisiertes Fahren, E-Mobilität) ebenfalls benötigen.
Regionale Kostenvorteile nutzen
Hier steht der Leichtbau in einem Investitionswettbewerb mit anderen Unternehmensbereichen, weshalb zunehmend kostenneutraler Leichtbau bei maximaler Gewichtsreduktion gefragt ist. Das bedeutet, dass regionale Kostenvorteile konsequent ausgenutzt und künftig beispielsweise mehr gegossene Strukturbauteile aus Best-Cost-Countries kommen werden. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, ob die OEMs selbst in neue Fertigungskapazitäten investieren oder auf den Entwicklungspfad erfolgreicher Silicon-Valley-Unternehmen einschwenken sollen. Bekanntlich kommen Unternehmen wie Apple oder Google weitgehend ohne eigene Fertigung und Hardware aus und können mit ihren Dienstleistungen dennoch überdurchschnittliche Renditen erzielen.
Digital Natives einbinden
Die zunehmende Digitalisierung bringt aber nicht nur Strukturveränderungen beim Automobil und den Produktionsprozessen mit sich, sondern verändert auch die Unternehmensorganisation tiefgreifend. Digital Natives denken und leben in viel flexibleren Strukturen als die bisherigen Mitarbeiter und werden hierarchische und starre Unternehmensorganisationen immer weniger akzeptieren. Diesen Anforderungen müssen sich die Automobilhersteller anpassen: etwa indem sie flachere Hierarchien, crossfunktionale Projektteams, transparente Ziele und eine umfassende Daten- und Informationsverfügbarkeit implementieren. Dann profitieren sie im Gegenzug von den steigenden digitalen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter und können ihre Leichtbau-Projekte schneller und kostenbewusster zum Erfolg führen.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1370900/1370936/original.jpg)
Berylls-Studie
Zu viele Batteriepacks für zu wenige E-Autos
(ID:45202615)