Safety Week 2020 Shuttle Easymile EZ10 in Bad Birnbach: „Die Neugier war groß“
Eine Vorreiterrolle beim autonomen Fahren ist eines der Kernziele, die beim Autogipfel formuliert wurden. Wie die Technik bei den Nutzern ankommt, haben die Betreiber des Shuttles „Easymile“ im bayerischen Bad Birnbach erforscht – mit teils erstaunlichen Ergebnissen.
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„Nicht wenige Leute haben getestet, wie das autonom fahrende Shuttle reagiert – zum Beispiel, indem sie Objekte auf die Straßen gestellt haben oder ihr Bein in den Fahrweg gestreckt haben“, berichtet Andreas Riener schmunzelnd. Riener ist Professor an der Technischen Hochschule Ingolstadt und betreut die erste autonome Buslinie Deutschlands –derzeit noch ein Feldversuch im bayerischen Bad Birnbach, den die TH Ingolstadt gemeinsam mit DB Regio durchführt.
Seit dem Oktober 2017 rollt der autonome Bus dort auf einer Strecke von insgesamt 2,8 Kilometern und verbindet dabei nach einer Streckenerweiterung über vier Haltestellen den Bahnhof mit dem Marktplatz. Auf der „Safety Week“ präsentierte der Forscher die Ergebnisse aus dem Versuch.
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„Er müsste schneller fahren“
Wie kam der Bus bei den Nutzern an? „Die jüngeren Fahrgäste waren zunächst skeptisch“, beschreibt Andreas Riener, „waren danach aber überzeugt“. Einzig die niedrige Geschwindigkeit im Test von nur zehn Kilometern pro Stunde sei ein häufig gehörter Kritikpunkt. „Solange ein herkömmliches Gruppentaxi schneller fährt als der autonome Bus, kann das zu Akzeptanzproblemen führen. Um eine breite Akzeptanz autonomer Systeme zu erreichen, muss die Geschwindigkeit der Fahrzeuge aber langsam steigen.“
Theoretisch schafft des Easymile „EZ10“ des gleichnamigen Herstellers bis zu 40 km/h, für den Test erlaubt waren bis zu 15 km/h. Grundsätzlich erfüllte das Shuttle die Erwartungen aller Altersgruppen, Jüngere konnten sich jedoch laut einer Befragung nach dem Test etwas weniger vorstellen, es wieder zu nutzen.
Rückmeldung der Technik
Laut Riener wollen die meisten Fahrgäste zudem wissen, „was der Bus vorhat und dass er zum Beispiel Menschen in seinem Umfeld erkannt hat“, die Technik soll also vorausschauend rückmelden. Außerdem muss sich der Bus besser bemerkbar machen können, auch mittels Tönen. Bislang verfügt er lediglich über Licht, das nicht immer gesehen wird. Grundsätzlich erhöhte die Anwesenheit eines Fahrtbegleiters – eines Mitarbeiters, der im Notfall eingreifen kann – das Vertrauen in die Buslinie.
Das Fazit bislang: Der Transport funktioniert und wird angenommen, während der Testphase gab es keine Unfälle. Die Umfelderfassung des Busses muss jedoch optimiert werden. „Der Bus hält häufiger an Stellen an, an denen eigentlich Platz zum Fahren wäre“, sagt Riener. Das liegt vor allem daran, dass der Sicherheitsbereich um den Bus großzügig bemessen ist und die Sensoren noch nicht optimal abgestimmt sind.
Interessanter Fakt: „Das Wissen um einen funktionierenden Personennahverkehr kann schon dazu führen, dass dieser mehr genutzt wird. In einem Test fanden wir heraus, dass alleine die Präsenz eines Shuttlebusses dazu geführt hat, dass die Entfernung zur nächsten Haltestelle kürzer wahrgenommen wurde“, beschreibt Riener den psychologischen Effekt. In Bayern haben Rieger und sei Team bislang 124 Routen identifiziert, die sich mit einem autonomen Bus wirtschaftlich sinnvoll betreiben lassen.
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Vor allem im ländlichen Bereich kann sich die Technik auch auf kurzen Strecken lohnen, zum Beispiel für ältere Menschen. Im Testzeitraum von Oktober 2017 bis Ende Mai 2019 legte der Bus rund 20.000 Kilometer zurück und beförderte mehr als 32.000 Fahrgäste. Hintergrund des Projektstarts war das Ende des regulären Busses in Bad Birnbach, die Stadt hatte diesen aus Kostengründen eingestellt.
EZ10 in Salzburg
Ein weiterer autonom fahrender EZ10 hat es inzwischen aus Bad Birnbach nach Salzburg geschafft: Seit August 2020 verkehrt er dort für drei Monate im Demobetrieb in der Gemeinde Koppl – und verbindet den Ort mit der rund zwei Kilometer entfernten Bushaltestelle einer Buslinie, die Salzburg mit Bad Ischl verbindet.
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