BMW 7er 330 Fahrzeuge am Tag
Die Serienproduktion des neuen 7er startete am 1. September 2008 im BMW-Werk Dingolfing. Trotz 80 Minuten mehr Montageinhalte hat sich die Fertigungszeit pro Fahrzeug gegenüber dem Vorgängermodell nicht erhöht.
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Anfangs waren es 64 Fahrzeuge am Tag, nach zwei Wochen bereits 164 Fahrzeuge. Ab Erreichen der Kammlinie, Anfang Dezember, will BMW täglich 300 Oberklasse-Limousinen montieren. „Sollte die Nachfrage größer werden, können wir auch 330 Fahrzeuge am Tag bauen“, sagt Wolfgang Stadler, Werkleiter von BMW Dingolfing.
Stadler ist stolz auf das von Beginn an erreichte Qualitätsniveau: „Wir haben mit dem neuen 7er in punkto Qualität dort angefangen, wo wir mit dem alten 7er aufgehört haben. Und das bei noch einmal deutlich mehr technischen Inhalten.“ Diese Qualität ließ sich BMW einiges kosten. Rund acht Millionen Euro wurde in das Anlaufzentrum Dingolfing investiert – davon drei Millionen Euro in den neuen Akustikprüfraum. Heute beschäftigt Franz-Josef Singer, Leiter Anlauf und Qualitätsmanagement, in seinem Bereich etwa 330 Mitarbeiter. Alleine in der Absicherung von Elektrik/Elektronik-Komponenten arbeiten rund 70 Personen. Das sind zehnmal mehr Mitarbeiter als noch zum Anlauf des Vorgängermodells.
Gleichzeitig wurden neue Mindestanforderungen definiert, etwa um „Liegenbleiber“ zu vermeiden. Dazu gehört zum Beispiel das rechtzeitige Abschalten einer fehlerhaften Komponente. Alles in allem durchläuft der neue 7er rund 3 500 Prüfschritte, fast doppelt so viele wie sein Vorgänger.
„deutlich weniger investiert als beim Vorgängermodell“
Wie viel Geld BMW insgesamt in die Fertigung des neuen 7er investiert hat, lässt sich laut Stadler schwer beziffern. Zum einen seien die Strukturinvestitionen (z. B. bauliche Maßnahmen) weitgehend produktunabhängig. Zum anderen gebe es bei den Produkt-investitionen starke Überschneidungen mit anderen – aktuellen und künftigen – Produkten aus der Linie. Nur so viel will Stadler verraten: „Wir haben deutlich weniger investiert als beim Vorgängermodell. Bei den Strukturinvestitionen war es etwa ein Drittel der damaligen Summe.“
Für Präzision im Karosseriebau sorgt das Prüfcubing anhand einer in Aluminium gefrästen Rohkarosserie. Hier werden alle verbaubaren Serienteile kontrolliert: Dichtgummis genauso wie Türverkleidungen, Cockpitmodul, Motorhaube oder Scheinwerfer. Das erste Cubing für den 7er baute BMW etwa 18 Monate vor Start of Production (SOP) im Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) auf. Das letzte Cubing fand drei Monate vor SOP im Anlaufzentrum Dingolfing statt.
Gefertigt werden zunächst je zwei Karosserievarianten für die Normal- und Langversion des 7er – mit und ohne Schiebedach. Noch einmal so viele Varianten würden durch eine Normal- und Langversion mit Allradantrieb hinzukommen. Wann bzw. ob solche Modelle kommen, will BMW nicht kommentieren.
Gewichtsreduzierung um 55kg
Durch höher- und höchstfeste Stähle sowie durch die vielen Aluminium-Bauteile reduzierte sich das Gesamtgewicht des 7er im Vergleich zum Vorgängermodell um 35 Kilogramm. Ausstattungsbereinigt sind es sogar 55 Kilogramm. Aus Aluminium bestehen zum Beispiel die Motorhaube, die Türen (minus 22 kg), das Dach (minus 7 kg), die vorderen Kotflügel sowie die vorderen Federstützen an der Karosserie. Auf GRAV, dem gewichtsreduzierten Aluminium-Vorderbau, der beim aktuellen 5er und 6er zum Einsatz kommt, hat BMW beim 7er konzeptbedingt verzichtet.
Außerdem kommen im Schweller, im Seitenrahmen und in der B-Säule erstmals bei BMW warmumgeformte Stähle zur Anwendung. Derzeit werden diese Bleche noch zugeliefert. Aber eine eigene Anlage zur Fertigung warmumgeformter Stähle befindet sich bereits im Bau. Gegenüber dem Vorgängermodell steigerte BMW mit dem laut Stadler „idealen Mix aus Materialien, Fügetechniken und Kosten“ die Karosseriefestigkeit um 60 und die Torsionssteifigkeit um 20 Prozent.
Einzigartig im Oberklassesegment ist laut Gerhard Kettner, Projektleiter Technologie im Karosseriebau des Werkes Dingolfing, auch die Kombination eines Aluminiumdachs mit einer Stahlkarosserie. Für den optimalen Korrosionsschutz wird die Dachkonstruktion nach der Lackierung mit einem neuartigen Hightech-Klebstoff auf der Karosserie befestigt.
Optimierung der Endmontage
In der Endmontage hat BMW die Materialbereitstellung optimiert. Zum Beispiel sind die Teile näher an die Mitarbeiter gerutscht, um die Wege so kurz wie möglich zu halten. Neu gestaltet wurde die Vormontage des Frontmoduls, und auch das Cockpit wird als Modul just-in-sequence ans Band geliefert. „Ob ein Cockpitmodul wirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht, hängt ganz entscheidend von dessen Integrationsgrad ab“, kommentiert Stadler. Außerdem sei beim 7er von Vorteil gewesen, dass BMW konzeptbedingt keine Strukturteile, etwa Teile der Stirnwand, in das Modul integrieren musste.
Trotz mehr Inhalt in der Montage von etwa 80 Minuten konnte BMW die Fertigungszeit pro Fahrzeug auf dem Niveau des Vorgängermodells zum Zeitpunkt dessen Auslaufs halten. Die technische Durchlaufzeit beträgt laut Stadler zwischen 48 und 50 Stunden, inklusive der Zeiten, in der die Fahrzeuge im Sortierspeicher stehen. Die Fertigungstiefe beziffert er auf rund 30 Prozent, was dem BMW-Durchschnitt entspreche.
Neu ist die Kalibrierung der zahlreichen Fahrerassistenzsysteme (Kameras und Sensoren) am Schluss der Endmontage. Dabei werden eventuelle Abweichungen von der Vorjustierung herauskalibriert, die durch den Verbau der Systeme aufgetreten sind.
Diese automatisierte Detailprüfung leistet laut BMW einen wichtigen Beitrag zur Produktionseffizienz und stellt die hohe Qualität der Fahrzeuge sicher.
Zahlen und Fakten zum Werk Dingolfing
Dingolfing ist das weltweit größte BMW-Werk. Es ging nach der Übernahme der Hans Glas GmbH am 2. Januar 1967 in BMW-Besitz über. Im September 1973 verließ der erste BMW, ein 5er, die Werkshallen. Seither sind in der niederbayerischen Kreisstadt mehr als sieben Millionen Automobile vom Band gelaufen.
Mit dem neuen BMW 7er fertigt Dingolfing inzwischen die fünfte Generation der Oberklasse-Limousine. Rund 20 000 Mitarbeiter bauen hier täglich etwa 1 200 Fahrzeuge. Die so genannte Volumenhalle ist ausgelegt für 750 bis 800 Einheiten am Tag. Dort laufen 5er Limousine, 5er Touring und der M5 vom Band. Die flexible Halle kann täglich bis zu 550 Einheiten von 5er Limousine, 6er Coupé, 6er Cabriolet, M6 und 7er Limousine montieren. Ab Mitte nächsten Jahres kommt mit dem Progressive Activity Seden (PAS) eine weitere 5er Variante hinzu.
Darüber hinaus liefert Dingolfing die Sitze für die 6er- und 7er-Baureihe sowie die lackierten Rohkarosserien an das Rolls-Royce-Werk im südenglischen Goodwood. Außerdem versorgt der Standort andere BMW-Werke mit Werkzeugen, Anlagen, Pressteilen, Antriebs- und Fahrwerkskomponenten. Er übernimmt auch die Teileversorgung der weltweiten Handelsorganisationen von BMW und MINI.
Die Mitarbeiter des Werks kommen aus einem Umkreis von über 100 km. Um sie täglich an den Arbeitsplatz zu bringen, hat BMW ein eigenes Pendelbussystem eingerichtet. Heute nutzen täglich etwa 14 000 Mitarbeiter diesen Service. Mit über 300 Bussen legen sie rund 44 000 km zurück. Die Fluktuationsrate in Dingolfing ist mit 0,7 Prozent im Jahr außerordentlich niedrig.
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