Fahrbericht Audi Q4 E-Tron 50 Quattro: Milchkaffee und Snacks

Von Thomas Günnel

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Für die Produktion des Modells ist Audi zu seinen historischen Wurzeln nach Zwickau zurückgekehrt – technisch will der Q4 E-Tron in die Zukunft fahren. Wie gut funktioniert die alltagstaugliche E-Mobilität im neuen SUV?

Ordentlich Platz, schickes Design und sinnvolle elektrische Reichweite: Der Q4 E-Tron hinterließ im Test einen guten Eindruck.
Ordentlich Platz, schickes Design und sinnvolle elektrische Reichweite: Der Q4 E-Tron hinterließ im Test einen guten Eindruck.
(Bild: Thomas Günnel/Automobil Industrie)

Audis Q4 E-Tron teilt sich die Basis mit dem ID 4 und dem Skoda Enyaq iV; will in diesem Trio aber der Wertigste sein. Unser Testauto Q4 E-Tron 50 Quattro leistet 220 Kilowatt, verteilt auf beide Achsen. Der Akku fasst netto 76,6 Kilowattstunden. Das reicht laut Audi nach WLTP für kombinierte 485 Kilometer. Der Verbrauch liegt dabei zwischen 21,3 und 17,0 kWh/100 km. In der Praxis stimmen diese Werte teilweise tatsächlich: Bei vorausschauender Fahrt auf Landstraßen standen auch mal 19 kWh aktueller Verbrauch im Display.

Bei längeren Etappen auf der Autobahn bei Geschwindigkeiten zwischen 120 und 130 km/h pendelte sich der Verbrauch aber bei rund 25 kWh ein. In Reichweite bedeutet das: knapp 300 Kilometer. Hilfreich beim Energiesparen sind die Fahrmodi: „Eco“ zum Beispiel erlaubt nicht mehr als 130 km/h, außer bei Kickdown. Die Rekuperation lässt sich separat verstärken, dann ist der E-Tron fast wie ein Einpedal-Modell fahrbar.

Die Beschleunigung ist typisch für ein E-Auto vehement, mit 460 Newtonmetern sind nach 6,2 Sekunden 100 km/h erreicht. Maximal sind mit dem Q4 E-Tron laut Tacho 184 km/h drin; bei einem Stromverbrauch von rund 50 kWh.

Augmented Reality und ein neues Soundsystem

Im Innenraum des Q4 E-Tron dominiert gefühlt mehr „einfacherer“ Kunststoff als gewohnt, wobei das nicht stört. Das Cockpit wirkt markenuntypisch etwas zerklüftet, ist aber übersichtlich. Wer mag bekommt das Modell mit Head-up-Display. Hier ergänzen Augmented-Reality-Inhalte die bekannten Anzeigen: zum Beispiel in die Umgebung eingeblendete Richtungspfeile der Navigation, Hinweise des Spurhalteassistenten entlang der Fahrbahnmarkierungen oder eine variable Abstandsanzeige zu vorausfahrenden Fahrzeugen.

Die Geräuschdämmung des Modells ist gut, unerwünschte Fahrgeräusche bleiben draußen. Für den Sound im Innenraum sorgt auf Wunsch erstmals der US-amerikanische Hersteller Sonos. Zehn Lautsprecher inklusive Center und Subwoofer bringen soliden Klang in den Innenraum. Die Sportsitze sind straff gepolstert, gut konturiert, vielfältig verstellbar und langstreckentauglich.

Ein- und Ausschalten ohne Knopfdruck

Gut gelöst hat Audi den Start- und Stopp-Vorgang. Es reicht wenn der Fahrer mit dem Schlüssel einsteigt. Fuß auf die Bremse, Wählhebel auf „D“ und es kann losgehen – ohne den Startknopf zu drücken. Genauso funktioniert das Ausschalten: Parkbremse mittels Knopfdruck aktivieren, aussteigen. Sobald die Sitzbelegung erkennt, dass der Fahrer ausgestiegen ist, deaktivieren sich die Systeme. Der Fahrkomfort ist jederzeit gut, sportliche Einlagen sind mit dem immerhin 2.210 Kilogramm schweren SUV auch möglich.

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Platz ist in beiden Sitzreihen ordentlich vorhanden, auch für vier Erwachsene gleichzeitig. Der Kofferraum fasst 520 beziehungsweise 1.490 Liter. Für die diversen Ladekabel gibt es ein zweites Fach unterhalb des ebenen Ladebodens. Um die Reichweite vor allem im Winter nicht zu sehr zu strapazieren, gibt es für den E-Tron eine optionale Wärmepumpe. Sie nutzt die Abwärme der elektrischen Komponenten und die Wärme der Außenluft, um den Innenraum zu klimatisieren. Als Kältemittel setzt Audi CO2 ein.

E-Tron Charging Service: Eine Bezahlkarte für das Ladenetz

Die Suche nach Ladesäulen funktionierte im Test überwiegend gut. Audis Navigation erkannte die Sprachbefehle gut und führt bei Bedarf zu entsprechenden Ladepunkten. Ist die geplante Route länger als es der aktuelle Ladestand erlaubt, berechnet das System die Ladesäulen auf dem Weg ein, die mit dem „E-Tron Charging Service“ zusammenarbeiten. Das bedeutet: Eine Chipkarte aktiviert die Ladesäule und dient zum Bezahlen. Die Preise variierten bei den angefahrenen Stationen zwischen 59 Cent und 86 Cent pro Kilowattstunde; jeweils im DC-Modus. Das heißt: Im Durchschnitt kostete eine Kilowattstunde im Test rund 73 Cent. Eine vollständige Akkuladung mit 76,6 Kilowattstunden würde theoretisch rund 56 Euro kosten.

Bei größerer Differenz zwischen Akkuladung und zu fahrender Strecke schlägt das System mehrere Stopps vor, um im optimalen Ladefenster und dann möglichst schnell zu laden. Im Test überstieg die Ladeleistung dabei auch an den sogenannten „High Power Charging“-Säulen 110 Kilowatt nicht. Möglich wären technisch bis zu 150 kW. An anderen Ladesäulen floss der Strom im Durchschnitt mit weniger als 85 kW in den Akku. Das heißt: Hier und da werden doch mal ein Milchkaffee oder ein Snack an der naheliegenden Tankstelle, einer Fast-Food-Kette oder beim nächsten Bäcker fällig; als Option zum Warten im Auto.

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Falsche Live-Daten und Softwareprobleme

Überwiegend gut bedeutet: Es lief nicht immer problemlos. Die Anzeige des aktuellen Status der Ladesäulen und ihrer Standorte im bordeigenen Navigationssystem funktionierte nicht immer zuverlässig. Probleme gab es in der Düsseldorfer Innenstadt. „Das Navi und mein Handy haben dutzende Ladesäulen im Umkreis angezeigt. Eine war belegt, zwei akzeptierten die Ladekarte nicht und andere habe ich nicht gefunden“, berichtete ein Kollege. „Zum Schluss habe ich bei mehreren Parkhäusern die Service-Mitarbeiter gefragt. Doch selbst die wussten nichts von den vermeintlich vorhandenen Ladesäulen.“ Entlang der Autobahnen – hier meist an Ionity-Ladesäulen – zwischen Würzburg, Düsseldorf, Stuttgart, Memmingen und Zwickau funktionierte das Laden reibungslos.

Eine andere Kritik betrifft das Infotainment, genauer: die Software. Zweimal innerhalb von zwei Wochen entwickelte sie ein Eigenleben, öffnete und schloss Menüs, untermalte dies mit Bestätigungstönen – der Spuk ließ sich nur mit einem Neustart beenden. Heißt: Auto aus. Aussteigen. Verriegeln. Entriegeln. Auto starten. Fahrkritische Funktionen waren davon nicht betroffen.

Startpreis 53.600 Euro

Der Einstiegspreis des Q4 E-Tron 50 Quattro mit 220 Kilowatt beträgt laut beigelegter Preisliste 53.600 Euro. Unser Testwagen kommt auf 76.850 Euro. Den größten Anteil daran hat die „Edition One“, die es zum Marktstart gibt. sie kostet 8.700 Euro, enthält diverse Extras aus dem „S-Line“-Regal, größere Räder und Design-Gimmicks wie abgedunkelte Matrix-LED-Scheinwerfer mit digitalen Lichtsignaturen, eine Folierung mit Audi-Logo, individuelles Interieur mit Sportsitzen und einen schwarzen Dachhimmel. Damit wird der Q4 E-Tron für aufmerksame Beobachter zum exklusiven SUV – vorausgesetzt der eigene Einsatzzweck ist einem ein SUV wert und der Schwerpunkt liegt nicht auf eiligen Langstrecken.

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