Wirtschaft Audi: Verdacht der Manipulation bei Ottomotoren
Vor dem Landgericht Offenburg läuft aktuell ein Verfahren gegen Audi wegen möglicher Abgasmanipulation. Dabei geht es allerdings nicht um Diesel, sondern ein Fahrzeug mit Ottomotor. Ein vom Gericht angefordertes unabhängiges Gutachten bringt den Hersteller nun offenbar in Bedrängnis.
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Im Dieselskandal rund um Volkswagen spielt Audi ein Hauptrolle. Nun geraten die Ingolstädter aber auch wegen Modellen mit Benzin-Motor unter Druck. Ein vom Landgericht Offenburg beauftragtes Gerichtsgutachten, aus dem der „SWR“ zitiert, legt offenbar nahe, dass die VW-Tochter auch bei Fahrzeugen mit Ottomotor eine unzulässige Prüfstandserkennung eingesetzt haben könnte.
Hintergrund ist ein entsprechendes Verfahren gegen den Hersteller vor dem LG Offenburg (Az.: 4 O 159/17). Im Zentrum steht dabei ein Audi Q5 TFSI 2.0, Baujahr 2016. Das Auto sollte demnach die Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Der vom Gericht bestellte unabhängige Gutachter kam nun nach mehreren Tests allerdings zu dem Ergebnis, dass das Auto bei den Stickoxiden mit 80 Milligramm pro Kilometer – erlaubt sind 60 – deutlich über dem Grenzwert lag.
Auffällig: Bei Lenkeinschlag stieg dem Gutachter zufolge der Ausstoß an Stickoxiden um 24 Prozent und an Kohlenmonoxid um 60 Prozent an. Insgesamt habe der Q5 300 Prozent mehr Schadstoffe emittiert, als Audi offiziell angegeben hat.
„Klassischer Vertreter einer Abschalteinrichtung“
Gerade die Zunahme der Emissionen bei Lenkeinschlag weckt den Verdacht einer Abschalteinrichtung: Wenn sich die Reifen eines Fahrzeugs drehen wie auf einem Rollenprüfstand, der Fahrer das Lenkrad aber gleichzeitig nicht bewegt, geht ein Auto mit Prüfstandserkennung davon aus, dass es gerade einem Abgastest unterzogen wird. Den Leiter des Zentrums für Kfz-Elektronik und Verbrennungsmotoren an der TH Aschaffenburg, Kai Borgeest, zitiert der SWR im vorliegenden Fall folgendermaßen: „Es fällt auf, dass vor allem bei den höheren Geschwindigkeiten während des Abgastests die Stickoxidwerte erheblich nach oben gehen, wenn das Lenkrad eingeschlagen ist. Und das ist ein klassischer Vertreter einer Abschalteinrichtung.“
Der SWR verweist zudem auf interne Unterlagen aus dem Volkswagen-Konzern, die ihm vorliegen und den Verdacht weiter erhärten sollen. Wenn das Lenkrad bei der Abgasprüfung nicht eingeschlagen sei, würde die Schaltung des Automatikgetriebes verändert, heißt es demnach in der „rechtlichen Bewertung Warmlaufprogramme“ von Volkswagen-Juristen. Dadurch würde der Schadstoffausstoß beim Abgastest sinken.
Setzte Audi auf Unwissenheit der Behörden?
Weiter zitiert der SWR aus dem Papier: „Warmlaufprogramm ist im NEFZ aktiviert, im Real Drive so gut wie nie. Austrittsbedingung Lenkwinkeleinschlag > 15 Grad.“ Zudem schrieben die Konzernjuristen, die konkrete Lenkwinkelerkennung sei den Behörden nicht bekannt.
Audi selbst wollte sich gegenüber dem SWR nicht zum Thema äußern. Zunächst habe der Hersteller sich mehr Zeit zum Beantworten der Fragen erbeten. Schließlich habe die VW-Tochter dann auf urlaubsbedingte Abwesenheiten wichtiger Fachkollegen verwiesen und erklärt, dass man sich zu laufenden Verfahren generell nicht äußere.
Kanzlei zeigt Ex-Audi-Chef Stadler an
Den Kläger im entsprechenden Verfahren vertritt – wie zuvor bereits zahlreiche Diesel-Klagende – die Anwaltskanzlei Stoll & Sauer. Sie erklärte zu dem Gutachten am Mittwoch (19. August), Audi habe Verbraucher auch bei Benzinern getäuscht. Die Fahrzeuge seien im Wert eindeutig gemindert und sogar von einer behördlichen Stilllegung bedroht, weil sie nicht der Typengenehmigung entsprechen. „Die Verbraucher sind geschädigt und haben Anspruch auf Schadensersatz“, meint Anwalt Ralf Stoll. Als Reaktion hat die Kanzlei zudem Strafanzeige gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler gestellt: wegen Betrugs.
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