Wirtschaft China: Kippt die Joint-Venture-Regelung?
„Der Markt spielt eine entscheidende Rolle“. Dieser knappe Satz der chinesischen Zentralregierung steht für ein Reformprogramm, das unter anderem die Joint-Venture-Regelung für ausländische Automobilhersteller als nicht mehr sinnvoll erachtet.
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Setzt sich die Regierungsspitze mit ihren Bestrebungen durch, die Regelung zu kippen, wird dies die Struktur der Automobilindustrie in China nachhaltig verändern. Um im Reich der Mitte Fahrzeuge produzieren zu dürfen, müssen ausländische Automobilhersteller ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem chinesischen Partner gründen – und dürfen nicht mehr als 50 Prozent der Anteile daran halten. Bedingung ist darüber hinaus, dass der chinesische Partner außerhalb des Joint-Ventures selbst Fahrzeuge produziert. Ist er dazu nicht in der Lage, erlischt automatisch die Genehmigung der Produktion für das Gemeinschaftsunternehmen. Eine komfortable Situation für die chinesischen Unternehmen, die von ihren internationalen Partnern seit vielen Jahren über Wasser gehalten werden. Dass dies kein Nährboden für wettbewerbsfähige Unternehmen ist, hat die Regierung seit längerer Zeit erkannt. Ein erstes Aufweichen der Regelung ist bereits mit der Genehmigung des zwölfprozentigen Anteilkaufs von Daimler an der Beijing Automotive Group (BAIC) geschehen.
Chinesische Ministerien sind uneins
Dass die Interessenslage der chinesischen Ministerien zu diesem Thema in verschiedene Richtungen läuft, zeigen die unterschiedlichen Aussagen. Das Handelsministerium spricht sich für eine Beendigung der Regelung aus, unbedingt beibehalten hingegen wollen sie das Ministerium für Technologie und Information sowie der chinesische Automobilverband. Setzen sich die Reformer durch, kann dies als positives Signal gewertet werden. „Wir gehen davon aus, dass die internationalen Hersteller die Erlaubnis erhalten, ihre Partner über mehrere Jahre auszubezahlen“, sagt Jochen Siebert, Geschäftsführer von JSC Automotive. Bislang stellen die internationalen Spieler ihren chinesischen Partnern alte Plattformen bereit. Diese Unterstützung würde wegfallen. Die Reaktion der chinesischen Seite kann vielfältig sein. „Einige Unternehmen werden ihre Anteile schnell verkaufen, andere werden diese länger halten“.
Allerdings spielt die Zeit nicht für die chinesischen Partner, da die internationalen Unternehmen ihre Aktivitäten in den Joint-Ventures herunterfahren werden. Ein eigenständiges Agieren der Automobilhersteller hätte mittelfristig ein Anwachsen der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in China zur Folge. Gleichzeitig wäre ein Export von Fahrzeugen plötzlich wesentlich attraktiver – derzeit ist dies nicht der Fall, denn die internationalen Hersteller müssen die Hälfte der Exportgewinne an ihre Partner abgeben.
Auswirkungen auf die Zulieferer
Das Ende der Regelung hätte auch starke Auswirkungen auf die Zulieferer. „Ein wichtiger Effekt für die Zulieferer wird sein, dass die Einkaufskomitees der Hersteller dann nicht mehr mehrheitlich vom chinesischen Joint Venture Partner besetzt werden“, so Siebert. Seit 2003 sind viele Hersteller zwar juristisch nicht mehr gezwungen, ein Gemeinschaftsunternehmen in China einzugehen, de facto ist die Auftragsvergabe aber in vielen Fällen davon abhängig. In der Folge entstanden komplexe Strukturen, da die Zulieferer teilweise produktbezogene Joint Ventures gründeten, die strategisch meist nicht geeignet sind, andere Hersteller zu bedienen. Auch die Vergabe globaler Programme an Zulieferer wurde in China oft ausgehebelt, weil der chinesische Joint Venture Partner sein assoziiertes Unternehmen bevorzugte.
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