Wirtschaft Kreditversicherer rechnen mit Insolvenzwelle ab Herbst
Die Zahl der Unternehmenspleiten schießt in Folge der Coronakrise in die Höhe. Wie Deutschland im weltweiten Vergleich dasteht.
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Es wäre ein neuer Negativrekord: In den Jahren 2020 und 2021 könnten weltweit die Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zu 2019 um insgesamt 35 Prozent ansteigen. Zu diesem Schluss kommt der Kreditversicherer Euler Hermes in einer neuen Studie. „Wenn die jeweiligen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zu früh beendet werden, dürfte der Anstieg sogar noch um fünf bis zehn Prozentpunkte höher ausfallen", sagt Maxime Lemerle, Chef der Insolvenz- und Branchenanalysen bei der Euler-Hermes-Gruppe.
Im Detail rechnen die Experten mit einem Anstieg von 17 Prozent im aktuellen und 16 Prozent im nächsten Jahr. Bereits angekommen sei die Insolvenzwelle in den USA; aber auch Brasilien, China, Portugal, Spanien oder Italien müssten spätestens ab Herbst des laufenden Jahres mit vielen Unternehmenspleiten rechnen. Bei einem Drittel der Länder, dazu gehört auch Deutschland, erreicht die Insolvenzwelle laut des Versicherers ihren Höhepunkt erst 2021.
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„Das ist aber längst keine Entwarnung, sondern vielmehr eine tickende Zeitbombe", sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Spätestens im dritten Quartal des Jahres wird diese Zeitbombe hochgehen und die Schockwellen dürften sich ins gesamte erste Halbjahr 2021 ausbreiten."
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Deutschland könnte Van het Hof zufolge vergleichsweise gut davonkommen. „Gründe dafür sind neben der besseren Ausgangssituation und dem kürzeren, weniger strikten Lockdown vor allem die schnellen und sehr umfangreichen Sofortmaßnahmen der Regierung." Insbesondere der gemeinsame Schutzschirm von Bund und Kreditversicherern für deutsche Unternehmen habe den Handel erst einmal stabilisiert und Lieferketten geschützt.
Die Prognose der Kreditversicherer für Deutschland lautet:
- 2020 beträgt der Zuwachs der Fallzahlen vier Prozent auf rund 19.500 Fälle,
- 2021 steigen die Fälle um acht Prozent auf dann etwa 21.000 Fälle.
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Dass Deutschland vergleichsweise gut dasteht, liegt auch daran, dass die Bundesrepublik die Insolvenzantragspflicht temporär bis zum Herbst ausgesetzt hat. „Unternehmen in Schieflage müssen dies aktuell erst im Herbst bei einem Insolvenzgericht anzeigen", sagt Van het Hof. „Deshalb sehen wir aktuell noch relativ wenige Fälle in Deutschland. Aber der Schein trügt und im Herbst schlägt für viele die Stunde der Wahrheit.“ In der Automobil- und Metallindustrie habe man bereits im ersten Halbjahr 2020 eine Häufung von Großinsolvenzen gesehen.
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