Entwicklung „Partnerschaften werden ein neues Level erreichen“

Autor Thomas Günnel

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind im vergangenen Jahr deutlich gesunken; vor allem in der Automobilindustrie. Für Entwicklungsdienstleister kann das dennoch eine Chance sein.

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Peter Fintl ist Digitalexperte bei der Technologieberatung Capgemini Engineering.
Peter Fintl ist Digitalexperte bei der Technologieberatung Capgemini Engineering.
(Bild: Capgemini Engineering)

Deutsche Unternehmen haben im vergangenen Jahr deutlich weniger Geld für Forschung und Entwicklung (FuE) ausgegeben, als noch im Jahr zuvor. Das hat der Stifterverband ermittelt. Demnach investierten die Unternehmen rund 71 Milliarden Euro in ihre eigene Forschung, knapp über sechs Prozent weniger als zuvor. Um interne Kosten und Risiken zu mindern, haben vor allem Automobil- und Maschinenbau stärker auf externes Wissen zurückgegriffen und Forschungsaufträge an andere Unternehmen vergeben. Diese Ausgaben stiegen insgesamt leicht um ein Prozent auf knapp 23 Milliarden Euro.

Es gibt eine steigende Bereitschaft der großen Häuser, sich mit Dienstleistern in echte Partnerschaften zu begeben.

Peter Fintl

Vor allem der Automobilbau reduzierte die FuE-Aufwendungen: Von 2019 auf 2020 gingen die internen Aufwendungen um fast vier Milliarden Euro zurück, das entspricht 14 Prozent. Im Maschinenbau sanken die Ausgaben um knapp sieben Prozent, in der chemischen und in der pharmazeutischen Industrie jeweils um gut drei Prozent – und damit unterdurchschnittlich.

Wohin gehen die Budgets?

Stärker auf externes Wissen zuzugreifen: Was bedeutet das für die Entwicklungsdienstleister? Spüren sie die Verschiebung der FuE-Budgets? „Die Covid-19-Pandemie hat natürlich kurzfristig, speziell im Automobilbereich, zu erheblichen Disruptionen geführt. Die Auswirkungen – Stichwort Chipkrise – werden die gesamte Wertschöpfungskette der Branche noch einige Zeit beschäftigen“, beschreibt Peter Fintl, Leiter Technology and Innovation bei Capgemini Engineering.

Aber: Die allgemeine Herausforderung der Automobilindustrie hat sich laut Fintl nicht geändert: Die rasche Transformation der Industrie hin zu nachhaltiger, vernetzter und automatisierter Mobilität profitabel voranzutreiben.„Die kommenden Jahre sind entscheidend für die strategische Ausrichtung: In welchen Bereichen der Wertschöpfung möchte man als OEM die Hoheit behalten, wo strebt man Partnerschaften an?“, sagt Fintl. „Die Rahmenbedingung der begrenzten Entwicklungsbudgets sind bekannt. Komplexe technologische Transformationsprojekte sind Aufgaben, die nur mit Entwicklungsdienstleistern als Partner lösbar sind: mehr denn je ist Know-how abseits der bekannten Pfade des Automobilbaus notwendig.“

Chance für Entwicklungsdienstleister

Für die Entwicklungsdienstleister sieht Fintl entsprechendes Potenzial: „Mittelfristig ist der Ausblick für Entwicklungsdienstleister absolut positiv. Selbst in der jetzigen Krise haben sich etwa Themen rund um Digitalisierung oder Elektrifizierung sehr erfreulich entwickelt. In Zukunft sehen wir große Bedarfe der Industrie nach Partnern, die Know-how in den Bereichen Elektronik, Software und digitaler Produktentwicklung vereinen können.“

Und wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit den Automobilherstellern aus? Bringen die anhaltenden Schwierigkeiten auf vielen Gebieten einen anderen Zusammenhalt? „Die Automobilindustrie gehört sicher zu den wettbewerbsintensivsten Branchen. Insofern schlagen Veränderungen auf der Absatzseite unmittelbar in die Lieferanten- und Dienstleisterkette durch. Das bedeutet: Entwicklungseffizienz ist weiterhin ein bestimmender Faktor der verstärkt international gedacht werden muss.“

„Andererseits sieht man aber auch, speziell im Bereich ‚Digital‘, eine steigende Bereitschaft der großen Häuser, sich mit Dienstleistern in echte Partnerschaften zu begeben“, erklärt Peter Fintl. „Neben dem Aspekt des Risk-Sharings sind dadurch oft kürzere Time-to-market-Zyklen möglich. Insofern glaube ich, dass die Partnerschaften in der kommenden Dekade ein neues Level erreichen werden.“

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