Mobilität mit Brennstoffzelle Toyota Mirai: Mit eigenem Wasserstoff durch die Schweiz

Von Guido Borck/Ampnet, Thomas Günnel

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Toyota hat das zweite Modell des Mirai auf der Straße. Das Auto und seine Reichweite überzeugen; und in der Schweiz sollen Privatanwender ihren Wasserstoff bald selbst herstellen und tanken können.

Toyota hat die zweite Generation seines Brennstoffzellen-Fahrzeugs Mirai auf dem Markt.
Toyota hat die zweite Generation seines Brennstoffzellen-Fahrzeugs Mirai auf dem Markt.
(Bild: Toyota)

Keine Frage: Auf der Kurzstrecke oder dem Weg zur Arbeit haben rein batteriebetriebene Elektrofahrzeuge durchaus ihre Vorteile. Geht es dagegen auf die große Reise müssen mit den Stromern zumeist lange Wartezeiten an der Ladesäule einkalkuliert werden. Alternativen, wie der Toyota Mirai, kennen dieses Problem nicht. Der Mirai, japanisch für „Zukunft“, hat eine Brennstoffzelle und kommt mit einer Tankfüllung bis zu 650 Kilometer weit.

Trotz Tankstellenbesuch ist der Mirai ein sauberes Auto, weil als einziges Abfallprodukt Wasser entsteht. An der Brennstoffzellentechnik hält Toyota seit 2015 fest. Auch Hyundai ist hier aktiv, der Hersteller betreibt zum Beispiel eine Lkw-Flotte mit Wasserstoffantrieb in der Schweiz.

Mit Förderung eine bezahlbare Alternative

Mittlerweile befindet sich der Mirai in der zweiten Generation und ist zu einer stattlichen Mittelklasselimousine herangewachsen. Er steht auf einer neuen Plattform mit gut fünf Metern Länge und ist mit seiner coupéhaften Formensprache im Vergleich zum ersten Mirai ein echter Hingucker geworden. Aber nicht nur die Optik hinterlässt einen attraktiveren Eindruck, auch der Preis: Mirai Nummer zwei startet bei 63.900 Euro und ist somit um 20 Prozent günstiger als sein Vorgänger. Da vom Grundpreis noch die Förderprämie von 7.500 Euro abgezogen werden muss, ist der aktuelle Mirai jetzt zu einer bezahlbaren Alternative geworden.

Im Vergleich zu seinem Vorgänger arbeitet auch die Technik effizienter. So rückte die Brennstoffzelle von den Vordersitzen unter die Motorhaube und baut im neuen Modell kompakter. Das bringt mehr Platz im Innenraum und senkt nochmals das Geräuschniveau beim Fahren. Der Unterschied ist aber kaum wahrnehmbar, denn schon der alte Mirai war bereits ein sehr leises Auto.

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Der Elektromotor leistet mit 134 kW (182 PS) knapp 30 PS mehr als zuvor und die Reichweite hat sich von bisher 500 auf maximal 650 Kilometer deutlich erhöht. Der hohe Aktionsradius nimmt dem Mirai-Fahrer die Reichweitenangst, Fahrer von reinen E-Autos müssen um einiges früher wieder an die Steckdose zurück. Hinzu kommt, dass der Toyota nach dem Zapfen von Wasserstoff in drei bis fünf Minuten vollgetankt zurück auf die Strecke geht. Somit ist der Mirai genauso schnell wieder einsatzbereit wie ein konventioneller Benziner oder Diesel.

Zapfsäule und Auto kommunizieren

Der Treibstoff wird mit 700 bar Druck in die 5,6 Kilogramm fassenden Tanks gepresst. Das Tanken selbst funktioniert problemlos, da die H2-Zapfsäule mit dem Fahrzeug kommuniziert. Auch ein Losfahren während des Tankvorgangs ist ausgeschlossen, weil der Mirai während des Befüllens mit Wasserstoff nicht startet. Erst nach dem Ausklinken der Zapfpistole erhält das Modell sein Go.

Das Fahren mit dem Mirai ist genauso einfach wie mit einem Auto mit Automatikgetriebe. Und nach dem Einlegen der Fahrstufe D geht es leise surrend los. Die Kraftentfaltung ist ordentlich, weil der Elektromotor schon nach der ersten Umdrehung sein volles Drehmoment entfaltet. Im Falle des Mirai sind es 300 Newtonmeter, die an die Hinterachse weitergeleitet werden. Damit sind aus dem Stand gleichmäßig und fast lautlos nach 9,2 Sekunden 100 km/h erreicht; 175 km/h sind maximal möglich.

Dann schiebt die Elektronik einen Riegel vor, um die hohe Reichweite nicht übermäßig zu strapazieren. Das ist auch bei batterieelektrischen Fahrzeugen üblich. Bei ruhiger Fahrweise sind in der Praxis übrigens gute 550 bis 620 Kilometer drin.

Sehr guter Fahrkomfort

Beim Raumangebot fällt die Bilanz dennoch ernüchternd aus. Vorne gibt es zwar genug Bewegungsfreiheit und der Fahrer und Beifahrer sitzen auf einem bequemen, weich gepolsterten Mobiliar. Hinten ist dagegen nur wenig Platz für die Knie und Köpfe der mitreisenden Gäste. Auch das Kofferraumvolumen ist mit nur 300 Liter Fassungsvermögen bescheiden, obwohl es sich beim Mirai um ein Fünf-Meter-Auto handelt.

Der Grund sind die drei großen Wasserstoff-Tanks, die im Fahrzeugboden verteilt sind. Hinzu kommt eine coupéförmige Dachlinie, die dem schicken Mirai zum Handicap wird. Das Multimediasystem zeigt leichte Schwächen: Die Menüführung erweist sich manchmal als umständlich.

Richtig gut ist der Fahrkomfort: Der Mirai schwebt selbst über derbe Unebenheiten einfach hinweg und zeichnet sich als ein angenehmer Cruiser aus. Davon können sich andere Mitbewerber in der gehobenen Mittelklasse eine große Scheibe abschneiden.

Jedoch zählen Wasserstoffautos zu einer Minderheit in der automobilen Welt. Der einzige Konkurrent des Mirai kommt mit dem Hyundai Nexo aus Korea. Mercedes hatte zwar mit dem GLC F-Cell ebenfalls ein Modell mit Brennstoffzelle entwickelt, verkauft es aber schon länger nicht mehr. Und Honda traute sich mit seinem Wasserstoffauto Clarity erst gar nicht nach Europa. Den Clarity gibt es einzig und allein in Nordamerika und Japan und das auch nur in homöopathischen Dosen.

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Aktuell überschaubare Betriebskosten

An den Betriebskosten kann es jedenfalls nicht liegen. Der Toyota kommt mit knapp einem Kilogramm Wasserstoff etwas mehr als 100 Kilometer weit. Das Kilo kostet an den öffentlichen H2-Zapfpunkten 9,50 Euro. Somit liegt der Kraftstoffpreis also in einem überschaubaren Rahmen. Vielmehr ist das dünne Tankstellennetz ein Hinderungsgrund. Bundesweit sind es aktuell gerade einmal nur knapp über 100 Stück; Tendenz: steigend.

Eine mögliche Alternative könnten Privattankstellen sein. In der Schweiz soll im Januar 2022 eine Testanlage den Betrieb aufnehmen. Entstanden ist sie aus der Zusammenarbeit der Universität Lausanne, ihrem Spin-Off „GRZ Technologies“ und dem Gaslieferanten Messer Schweiz.

Toyota Mirai – Technische Daten

Länge x Breite x Höhe (m): 4,96 x 1,86 x 1,47
Radstand: 2,92m
Antrieb: Elektromotor, Brennstoffzellen-Stack, Polymer-Elektrolyt, 330 Zellen
Leistung: 134 kW/182 PS
Drehmoment: 300 Nm
Batterie: Hochvolt-Lithiumionenbatterie, 4 Ah
Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 9,2 Sek.
WLTP-Reichweite: 650 km
WLTP-Durchschnittsverbrauch: ca. 0,85 kg
Testverbrauch: 0,92 kg
Tankinhalt: 5,6 kg
Effizienzklasse: A+
CO2-Emissionen: 0 g/km (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: min. 1.900 kg / max. 515 kg
Kofferraumvolumen: 300 l
Max. Anhängelast: k.A.
Wendekreis: 12,6 m
Bereifung: 235/55 R 19
Luftwiderstandsbeiwert cw: 0,29
Wartungsintervall: k.A.
Basispreis: 63.900 Euro
Testwagenpreis: 73.900 Euro (Mirai Advanced)

Infrastruktur regional noch dürftig

Verglichen mit Gesamteuropa stehen wir mit dieser Bilanz sogar noch recht gut da. Dort gibt es in den einzelnen Ländern gerade einmal zwei handvoll Wasserstofftankstellen. In Frankreich ist die Anzahl dagegen so gering, dass eine Fahrt mit dem Mirai wortwörtlich spannend werden dürfte. Bleibt abzuwarten, wie weit der Ausbau der Infrastruktur hier voranschreitet.

An der alternativen Technik kann es nicht liegen, sie funktioniert genauso reibungs- und problemlos wie bei jedem anderen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Nur mit dem Unterschied, dass der Mirai wesentlich umweltfreundlicher fährt. Vorausgesetzt der Wasserstoff wird aus erneuerbaren Energien hergestellt – das gilt aber genauso für den Strom, den batterieelektrische Fahrzeuge laden.

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