EuGH Umwelthilfe feiert „Paukenschlag gegen Betrugsdiesel“

Quelle: dpa |

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Der Europäische Gerichtshof hat die Einschätzung eines norddeutschen Verwaltungsgerichtes kassiert, die Deutsche Umwelthilfe dürfe nicht juristisch gegen das „Thermofenster“-Konzept der Autobauer vorgehen. Auf die Hersteller könnten daher neue Forderungen zukommen.

Große Kammer des EuGH
Große Kammer des EuGH
(Bild: Gerichtshof der Europäischen Union)

Der Verein Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in seinem Kampf gegen das Abschalten der Abgasreinigung bei Autos einen Etappensieg erzielt. Er darf gegen die sogenannten Thermofenster klagen – das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg.

Um die Thermofenster wird seit Jahren zwischen Umweltschützern und Autobauern gestritten. Dabei verringert die Motorsteuerung die Reinigung der Abgase bei kühleren Temperaturen, so dass die Autos bei kaltem Wetter mehr Schadstoffe ausstoßen. Der EuGH setzte dieser Praxis in seinem Urteil nun erneut enge Grenzen. Auf die Autohersteller könnten daher in Zukunft neue Forderungen zukommen.

Die DUH teilte mit, das Urteil sei ein „Paukenschlag gegen Betrugsdiesel“ und ein Meilenstein in der Aufarbeitung der Diesel-Affäre. Sie fordert von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), dass das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) alle betroffenen Fahrzeuge zurückrufen und auf Kosten der Hersteller mit wirksamer Hardware nachrüsten lassen müsse.

EuGH korrigiert deutsches Verwaltungsgericht

Hintergrund der EuGH-Entscheidung ist ein Streit vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht. Die DUH geht dort gegen eine Entscheidung des KBA vor, das für Volkswagen-Pkw Thermofenster genehmigte. Das Verwaltungsgericht hatte angezweifelt, dass die DUH klageberechtigt sei, da sie durch die Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt worden sei. Der EuGH verneinte dies nun: Auch gemeinnützige Umweltvereinigungen müssen klagen dürfen, damit Umweltstandards eingehalten werden können.

Außerdem präzisierten die Richter am Donnerstag ihre restriktive Haltung zu den Thermofenstern. Diese sind demnach nur unter sehr engen Voraussetzungen erlaubt, zum Beispiel, wenn die Einrichtung notwendig ist, um konkrete Gefahren abzuwehren.

Die Autohersteller argumentierten in den vergangenen Jahren häufig, dass die Abschalteinrichtungen notwendig seien, um den Motor zu schützen. Der EuGH stellte nun aber klar, dass eine solche Software nur dann notwendig sein könne, wenn es keine andere technische Lösung gebe.

Volkswagen unbeeindruckt

Wolfsburg gibt sich unterdessen gelassen. „Die Auswirkungen des Urteils auf Volkswagen sind gering. Es drohen weder behördliche Stilllegungen von Fahrzeugen noch Hardware-Nachrüstungen“, sagte ein Sprecher am Dienstag. Auch wenn die Klagen von Umweltverbänden gegen die Genehmigung von Thermofenstern nun zulässig sei, blieben sie in der Sache erfolglos, ebenso wie mögliche Schadenersatzforderungen.

Die in Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns verwendeten Thermofenster bleiben nach Ansicht des Wolfsburger Autobauers unverändert zulässig. „Sie schützen vor unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigungen oder Unfall. Die Risiken wiegen so schwer, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des Fahrzeugs darstellen können“, hieß es in einer Mitteilung.

Unklare Perspektive

Was das Urteil nun für betroffene Autofahrer heißt, hängt von künftigen Gerichtsentscheidungen ab. Im konkreten Fall muss nun das Gericht in Schleswig-Holstein entscheiden und dabei die Rechtsprechung des EuGH berücksichtigen. Der EuGH hatte zu den Thermofenstern in vergangenen Urteilen entschieden, dass die Hersteller unter bestimmten Voraussetzungen die Autos zurücknehmen oder einen Ersatzwagen zur Verfügung stellen müssen. Auch eine Vertragsauflösung ist möglich.

Ob auch Schadenersatz verlangt werden kann, ist noch unklar, der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das bislang verneint. Auch Haftungsfragen sind noch offen. In zwei Wochen befasst sich der BGH erneut mit Abschalteinrichtungen.

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