Karosserie VWs Antwort auf Tesla Druckguss-Karosserie: „Unser Konzept ist zukunftsfähig“

Autor Sven Prawitz

Mit Vorträgen rund um neue Mobilitätsformen und die Nachhaltigkeitsanforderungen an Karosserien sind die Hamburger Karosseriebautage gestartet. Die wichtigsten Erkenntnisse des ersten Tages.

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Knapp 100 Teilnehmer waren bei den Hamburger Karosseriebautagen vor Ort. Etwa 40 nahmen digital am Bildschrim teil.
Knapp 100 Teilnehmer waren bei den Hamburger Karosseriebautagen vor Ort. Etwa 40 nahmen digital am Bildschrim teil.
(Bild: Claus-Peter Köth/Automobil Industrie)

In der Speicherstadt sind die Hamburger Karosseriebautage gestartet. Über 100 Teilnehmer verfolgen die Fachvorträge – gut zwei Drittel nutzen die Gelegenheit für einen persönlichen Austausch vor Ort. Im ehemaligen Hauptzollamt setzte Prof. Andreas Knie mit seinem Vortrag über die Mobilität von Morgen das Thema für die folgenden Redner.

Marc Alexander Peters erklärte die Strategie der Volkswagen Gruppe. Unter der Federführung von VW Nutzfahrzeuge entwickelt ein Team momentan Angebote für Mobility-as-a-Service. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei der automatisiert fahrende ID Buzz, der seit wenigen Tagen in München auf die ersten Tests vorbereitet wird. Als erste Herausforderung nannte Peters das AD-System für den Einsatz in Deutschland vorzubereiten. VW-Partner Argo AI hat schon seit einiger Zeit automatisierte Fahrzeuge in den USA auf der Straße. „Wir haben gemerkt, dass der Verkehr in den USA für ein AD-System anders ist als in Deutschland.“ Entsprechend müsse die Technik von Argo AI nun an die hiesigen Gegebenheiten angepasst werden.

Veit Lemke stellte den aktuellen Stand des Heat-Projekts in Hamburg vor. Der Ingenieur des Dienstleisters IAV leitet das Shuttle-Projekt. Seit August 2021 ist das Fahrzeug im öffentlichen Einsatz. Mit 25 km/h fährt Heat im Uhrzeigersinn durch die Speicherstadt und bedient fünf Haltestellen zwischen Spiegel-Gebäude und Elbphilharmonie. Für Lemke ist es „das maximal mögliche Setup“ im urbanen Raum. Mischverkehr, Touristen sowie Lieferverkehr, der oft falsch und in zweiter Reihe parkt, stellen hohe Ansprüche an das AD-System. Die hohen Gebäude sind zudem eine Herausforderung für die Lokalisierung: „Eine Ortung über GPS ist nicht zuverlässig möglich.“ Deshalb hat IAV eine HD-Karte des Gebiets erstellt. „Über mehreren 10.000 Landmarken berechnen wir jederzeit die exakte Position des Shuttles.“

Karosserie des Heat-Shuttles

Bei der Karosserie haben die Ingenieure auf Sicherheit und Kosteneffizienz geachtet. Leichtbau-Aspekte seien im aktuellen Projekt noch nicht berücksichtigt, berichtet Lemke. Das Shuttle ist für einen Frontalcrash mit 30 km/h und einem Seitenaufprall an einem Pfahl mit ebenfalls 30 km/h ausgelegt. Für die nächste Entwicklungsstufe rechnen die Ingenieure gerade eine Crash-Struktur für einen Frontalaufprall mit 40 Prozent Überlappung und einer Geschwindigkeit von 56 km/h.

Vor einigen Monaten stellte Tesla eine Karosserie aus großformatigen Druckgussbauteilen vor. Das gab den Karosseriebauern bei VW damals zu denken und spornte für eine Vergleich an, erzählte Matthias Graul, Leichtbau-Experte bei Volkswagen. Am Beispiel des ID 4 berechnete eine Projektgruppe, wie nachhaltig die traditionelle Stahlschalenbauweise im Vergleich zum Aluminium-Druckgussverfahren ist, wie es Tesla anwenden möchte.

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VW vergleicht eigenen Karosseriebau mit Tesla

Auf den ersten Blick habe die Stahlschalenbauweise große Vorteile hinsichtlich CO2-Emissionen gegenüber dem Druckgussverfahren. Allerdings schlage der Werkstoff-Verschnitt in der Produktion massiv auf die Bilanz. Graul berichtet von einem Materialnutzungsgrad von etwa 60 Prozent. Der Rest werde jedoch ebenfalls bei der Zertifizierung voll dem Fahrzeug zugerechnet – obwohl der Verschnitt wiederverwertet werden kann. Am Ende sei, so Graul, die CO2-Bilanz der Stahlschalenbauweise vergleichbar zur Druckgussvariante. Deshalb halte er das traditionelle Verfahren für zukunftsfähig. Beim ID 4 verursache die Karosserie in Summe 2,5 Tonnen CO2.

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