Bilanzpressekonferenz 2017 Bosch: Erfolgreiches Jahr – technischer Umbruch

Redakteur: Thomas Günnel

Bosch hat die Geschäftszahlen des Jahres 2016 vorgestellt. Auf der Pressekonferenz am Donnerstag (4. Mai) gab der Zulieferer außerdem einen Ausblick auf kommende Projekte.

Anbieter zum Thema

Bosch hat die Geschäftszahlen des Jahres 2016 vorgestellt und einen Ausblick auf das kommende Geschäftsjahr gegeben.
Bosch hat die Geschäftszahlen des Jahres 2016 vorgestellt und einen Ausblick auf das kommende Geschäftsjahr gegeben.
(Bild: Bosch/Wolfram Scheible)

Bosch blickt auf ein erfolgreiches abgelaufenes Geschäftsjahr 2016 zurück. Der Umsatz des Zulieferers stieg im ersten Quartal um zwölf Prozent, wechselkursbereinigt um elf Prozent. Der Umsatz der Bosch-Gruppe stieg im Jahr 2016 auf 73,1 Milliarden Euro. Das entspricht einem Wachstum von 3,6 Prozent, wechselkursbereinigt um 5,5 Prozent. Das operative Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern (operatives EBIT) betrug 4,3 Milliarden Euro, die operative Rendite damit 5,8 Prozent. In der Ergebnisentwicklung 2016 spiegeln sich hohe Vorleistungen für die Zukunftssicherung wider – das Unternehmen erhöhte die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung um knapp zehn Prozent auf sieben Milliarden Euro. Für das laufende Jahr strebt das Unternehmen ein Umsatzwachstum zwischen drei und fünf Prozent an.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 7 Bildern

Umbrüche im Bereich Mobilität

Der Bereich der Mobilität steht vor großen Umbrüchen. „Es geht nicht mehr nur darum, bessere Autos zu bauen. Wir müssen Mobilität neu denken“, sagte Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung. Die Verbesserung der Luftqualität in Städten – wo bis 2050 70 Prozent der Weltbevölkerung wohnen werden – bezeichnete Denner als gemeinsame Aufgabe von Industrie, Politik und Gesellschaft. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion auch um Einfahrverbote für Dieselfahrzeuge betonte der Bosch-Chef, dass Ziele und Maßnahmen für bessere Luftqualität technologieneutral sein müssen. Eine wesentliche Chance sieht er darin, den Verbrennungsmotor weiter zu optimieren – dazu tragen auch die ab Herbst 2017 gültigen RDE-Messverfahren (real driving emissions) bei. „Es gibt ein klares Bekenntnis zum Powertrain. Wenn der Anteil der Elektrifizierung steigt, nimmt der Anteil der klassischen Verbrenner ab“, sagte Denner. „Aber wir sprechen hier von einem langen Zeitraum. Wir investieren weiter in die Verbrennungstechnik.“ Rund 300 RDE-Entwicklungsprojekte setzt Bosch derzeit um. Eine neue Geschäftseinheit für Elektromobilität bündelt zudem alle Aktivitäten in diesem Bereich. Rund 400 Millionen Euro investiert das Unternehmen außerdem jährlich in die Elektromobilität. Schwerpunkt sind dabei Forschung und Entwicklung im Bereich der Batterie. Ab Anfang 2018 bietet der neue Bosch-Geschäftsbereich Powertrain Solutions mit 88.000 Mitarbeitern alle Techniken für den Antriebsstrang aus einer Hand.

Die Diskussionen um den Dieselmotor haben sich dabei natürlich auf die Verkaufszahlen ausgewirkt, Dr. Rolf Bulander, Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions, relativiert aber: „Der Diesel hat an Marktanteil verloren. Kleine Fahrzeuge mit weniger Laufleistung sind dabei stärker betroffen. Wenn wir aber wie gefordert die Diesel aus dem Fahrzeugbestand herausnehmen, schaffen wir die CO2-Ziele keinesfalls. Wir müssen die Diskussion wieder auf eine substanziell-technische Ebene heben und nicht auf emotionaler Grundlage führen, die Fakten zum Teil falsch darstellt.“

Zum Thema Dieselnachrüstung fand Bulander deutliche Worte: „Einen Euro-5-Diesel auf das Niveau der eines Euro-6-Diesel mit RDE-Fähigkeit umzurüsten ist unrealistisch. Sehr wohl lassen sich Euro-5-Fahrzeuge aber optimieren. Wir haben alles, um Nachrüstungen zu unterstützen. Die Entscheidung was in einem Fahrzeug gemacht werden kann, liegt aber beim OEM. Softwareseitige Anpassungen sind dabei kein Problem. Hardwareanpassungen sehen wir als eher schwierig an.“

Automatisiertes Fahren

Im vergangenen Geschäftsjahr setzte der Zulieferer erstmals mehr als eine Milliarde Euro mit Fahrerassistenzsystemen um. In Summe will Bosch mit Fahrerassistenzsystemen 2017 deutlich schneller wachsen als der Markt, für den 30 Prozent Wachstum prognostiziert werden. Zwischenzeitlich beschäftigen sich bei Bosch rund 3.000 Entwickler mit dem automatisierten Fahren – 500 mehr als im Vorjahr. Eine Partnerschaft mit Daimler soll es zudem ermöglichen, Anfang der kommenden Dekade in Städten vollkommen autonom zu fahren. Als eine Schlüsselkomponente sieht Bosch seinen „KI Autocomputer“, ein Fahrzeugcomputer mit künstlicher Intelligenz. Noch in diesem Jahrzehnt will das Unternehmen mittels Radarsignalen eine hochgenaue digitale Karte realisieren. In Entwicklungspartnerschaften mit Vodafone, Telekom, Huawei und Nokia arbeitet Bosch zudem an der Infrastruktur für den automatisierten und vernetzten Verkehr, zum Beispiel an der Erprobung verlässlicher Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation per Mobilfunk.

Bereits im kommenden Jahr startet die „automotive cloud suite“ des Unternehmens, eine neue Plattform für Mobilitätsdienste wie Falschfahrerwarnung, vorausschauende Diagnose, vernetzte Parkplatzsuche oder persönliche Assistenten. „Die Automotive Cloud Suite ist das technologische Herzstück für Dienste rund um das vernetzte Fahrzeug. Auf ihr vernetzen wir Fahrer, Auto, Hersteller und weitere Anbieter von Mobilitätsdiensten“, sagt Denner. Das System kombiniert die Automotive- und IT-Kompetenz von Bosch. Bis zum Jahr 2022 soll der weltweite Markt für vernetzte Mobilität laut des Beratungsunternehmens PwC um jährlich fast 25 Prozent wachsen. Die Beratung Gartner schätzt, dass bis zum Jahr 2020 weltweit 250 Millionen vernetzter Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind. Die neue Ausrichtung macht sich auch in strategischen Entscheidungen bemerkbar – so gab Bosch Anfang Mai bekannt, seinen Bereich Starter und Generatoren an ein chinesisches Erwerberkonsortium zu verkaufen.

Das Geschäftsjahr 2016 nach Regionen

In Europa erzielte die Bosch-Gruppe 2016 einen Umsatz in Höhe von 38,6 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr erhöhten sich die Erlöse um 3,4 Prozent, wechselkursbereinigt 4,8 Prozent. 2016 waren die Wechselkurseffekte unter anderem wegen der Abwertung des britischen Pfundes ungewöhnlich hoch. Nach einem sehr starken Vorjahr ging der Umsatz in Nordamerika im vergangenen Jahr um 2,2 Prozent auf 12,3 Milliarden Euro zurück, wechselkursbereinigt minus 1,8 Prozent. In Südamerika stieg der Umsatz wechselkursbereinigt erstmals wieder – um 2,4 Prozent. Nominal sank der Umsatz um fünf Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. In der Region Asien-Pazifik verzeichnete das Unternehmen 2016 ein deutliches Umsatzplus von 8,3 Prozent auf 20,8 Milliarden Euro, wechselkursbereinigt zwölf Prozent. Fast 30 Prozent des Umsatzes erzielt Bosch zwischenzeitlich in Asien-Pazifik.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 7 Bildern

Das Geschäftsjahr 2016 nach Bereichen

Von allen vier Unternehmensbereichen verzeichnete Mobility Solutions 2016 das stärkste Wachstum. Der Umsatz erhöhte sich um 5,5 Prozent auf 43,9 Milliarden Euro, wechselkursbereinigt 6,9 Prozent. Die operative Rendite des Bereichs betrug 6,0 Prozent vom Umsatz. Der Unternehmensbereich Industrial Technology, speziell der Geschäftsbereich Drive and Control Technology, kämpfte auch 2016 mit einem schwierigen Marktumfeld. Der Umsatz ging um 5,2 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro, wechselkursbereinigt um 4,2 Prozent, zurück. Bereinigt um Konsolidierungseffekte durch die Veräußerung des Großgetriebegeschäfts betrug der Umsatzrückgang nur 1,5 Prozent. Erfreulich war die Rückkehr des Unternehmensbereichs in die Gewinnzone. Der Unternehmensbereich Energy and Building Technology erzielte 2016 einen Umsatz von 5,2 Milliarden Euro. Auch hier belasten Wechselkurseffekte den Umsatzausweis. Der Umsatz wuchs wechselkursbereinigt um 4,5 Prozent, nominal um 1,7 Prozent. Die Rendite des Bereichs lag 2016 bei 4,3 Prozent. Der Umsatzausweis des Unternehmensbereichs Consumer Goods ist besonders von negativen Wechselkurseffekten betroffen. Wechselkursbereinigt steigerte der Bereich seinen Umsatz um 5,7 Prozent. Nominal betrug das Umsatzwachstum 2,6 Prozent auf 17,6 Milliarden Euro. Die operative Rendite des Bereichs stieg um einen Prozentpunkt auf 8,2 Prozent.

Hoher Bedarf an Personal mit IT- und Softwarebezug

Zum 31. Dezember 2016 beschäftigte die Bosch-Gruppe weltweit rund 390.000 Mitarbeiter. Im vergangenen Jahr wuchs die Belegschaft um 14.500 Mitarbeiter. Regional blieb die Beschäftigungsstruktur weitgehend unverändert. In Deutschland erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten um 2.000 auf 134.000 Mitarbeiter. Weitere Schwerpunkte des Personalaufbaus waren Asien und Nordamerika. Aktuell hat das Unternehmen einen hohen Bedarf an Fach- und Führungskräften, insbesondere an Software- und IT-Experten. Bereits heute beschäftigt Bosch mehr als 20.000 Software-Entwickler, davon knapp 4.000 alleine für das Internet der Dinge.

(ID:44673941)