Elektromobilität Fünf Steckertypen zum Schnellladen

Autor / Redakteur: Holger Holzer/SP-X / Sven Prawitz |

Wer mit seinem Elektroauto an einer Schnellladesäule tanken will, benötigt den passenden Anschluss: Fünf unterschiedliche gibt es auf der Welt. Und auch in Deutschland herrscht Konkurrenzkampf – Ein Überblick.

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Die deutschen Autohersteller nehmen bei ihren ultraschnellen Ladesäulen keine Rücksicht auf Chademo-Kunden.
Die deutschen Autohersteller nehmen bei ihren ultraschnellen Ladesäulen keine Rücksicht auf Chademo-Kunden.
(Bild: Ionity)

Von Stecker-Chaos kann man bei Elektroautos nicht mehr sprechen. Weltweit haben sich für die Schnellladung mittlerweile fünf Standards durchgesetzt. Einige davon konkurrieren allerdings miteinander, beispielsweise in Deutschland. Eine Übersicht der internationalen Situation.

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Combined Charging System in Europa und USA

CCS (Combo 2): Das „Combined Charging System“ kombiniert Normal- und Schnellladen in einem Stecker. Über den oberen, rundlichen Teil fließt normaler Wechselstrom, der gehaltvollere Gleichstrom wird über die beiden Kontakte im unteren Teil übertragen. Vorteil: Die gleiche fahrzeugseitige Buchse kann sowohl an normalen als auch an schnellen Ladesäulen genutzt werden. Schon Anfang des Jahrzehnts war CCS der Stecker-Favorit der deutschen Autohersteller, später stießen auch die US-Marken sowie verstärkt auch asiatische Anbieter hinzu, wodurch CCS zu einem der wichtigsten Standards weltweit wurde. Hierzulande wird die Europa-Variante CCS Typ 2 genutzt, die eine Ladeleistung bis zu 150 kW, in Einzelfällen auch bis zu 400 kW und mehr bietet. In der Regel geben die CCS-Schnellladesäulen aktuell allerdings meist nur maximal 50 kW ab.

CCS (Combo 1): Auch die US-Autohersteller haben sich für den CCS-Standard entschieden. Weil das Stromnetz in Amerika aber mit anderen Spannungen arbeitet und anders als in Europa nur ein- statt dreiphasig ausgelegt ist, sieht der Wechselstromteil des Kombinationssteckers leicht anders aus. Unter anderem fehlen die zwei Kontakte für die nicht benötigten Phasen. Darüber hinaus ist die Technik identisch, kompatibel sind die Stecker jedoch nicht.

Japan nutzt Chademo

Der „CHArge DE MOve“-Standard ist das japanische Gegenstück zum deutschen CCS – wird hierzulande und in den USA daher vor allem von asiatischen Herstellern eingesetzt. Weil Gleichstrom- und Wechselstromladung im Gegensatz zu CCS nicht in einem Stecker vereint sind, haben Chademo-Fahrzeuge immer eine zweite Ladebuchse an Bord. Das japanische System hat aber auch Vorteile; so war es von Anfang an auf bidirektionales Laden ausgelegt, Elektroautos können so also auch Strom ins Netz zurückspeisen, etwa wenn in Katastrophenfällen die Elektrizität ausfällt. Aber auch zur intelligenten Belastungssteuerung im Netz. Bei den technischen Daten gibt es keine großen Unterschiede zu CCS. Wie dieses stellt Chademo in der Regel 50 kW zur Verfügung, maximal sind bis zu 200 kW möglich, in Zukunft auch 400 kW.

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Tesla Supercharger

Der kalifornische E-Auto-Pionier brachte im Jahr 2012 mit dem Model S nicht nur sein erstes alltags- und langstreckentaugliches Elektroauto auf den Markt, sondern gleich auch die passende Infrastruktur in Form von hunderten Schnellladesäulen quer durch die USA und Europa. Weil damals noch kein künftiger Steckerstandard erkennbar war, modifizierte man kurzerhand den europäischen Typ-2-Wechselstromstecker in einen Gleichstromstecker. Der dadurch geschaffene Supercharger-Anschluss kann ausschließlich von Tesla-Fahrzeugen genutzt werden. Aktuell ist er der schnellste auf dem Markt, bietet eine Ladeleistung bis 125 kW, teilweise sogar 145 kW und perspektivisch bis zu 350 kW.

In China ist GB/T Standard

Hierzulande nicht zu finden, in China aber der nationale Standard für Normal- und Schnellladen und daher nahezu konkurrenzlos. Optisch ähneln die Stecker und Buchsen den westlichen Exemplaren, sind aber quasi als Negative ausgeführt. Wo der eine Löcher hat, haben die anderen Stifte und umgekehrt. Schnell- und Normalladen sind nicht kombiniert, für beides werden daher unterschiedliche Steckdosen genutzt. Die Ladeleistung liegt bei GB/T meist bei den auch in Europa und den USA üblichen 50 kW, maximal sind 237,5 kW möglich. Doch bereits in naher Zukunft wollen die Chinesen den Rest der Welt hinsichtlich Ladegeschwindigkeit weit hinter sich lassen. Dann sollen bis zu 900 kW an Strom durch die Kabel rauschen – etwa doppelt so viel wie bei allen anderen Standards. China will so vor allem die Elektrifizierung von Fernbussen und Langstrecken-Lkw forcieren, bei denen innerhalb kurzer Zeit sehr viel Energie in den Akku fließen muss.

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Deutschland: CCS und Chademo gleichauf, noch

Für Autofahrer in Deutschland spielen lediglich drei der fünf Schnelllade-Standards eine Rolle. Aktuell liegt die Zahl der schnellen Ladepunkte mit CCS- und Chademo-Standard auf einem ähnlichen Niveau – rund 1.000 öffentliche Anschlüsse sind jeweils vorhanden. Viele Stationen – die sogenannten Triple-Charger – verfügen über Stecker für beide Typen. Kurzfristig wir CCS den japanischen Konkurrenten hierzulande aber wohl abhängen. Die deutschen Hersteller haben begonnen, das Ladesäulennetz selbstständig auszubauen – und verzichten bei den neuen Säulen auf den konkurrierenden Chademo-Standard. Auch die deutsche Ladesäulenverordnung schreibt diesen Steckertyp im Gegensatz zu CCS nicht vor. Wer den Kauf eines Elektroautos plant, sollte sich bei Schnellladebedarf daher über die Ladesäulenausstattung seiner Route informieren.

[Update 3. September]

Zwischenzeitlich haben Chademo und GB/T eine Zusammenarbeit angekündigt. Gemeinsam soll ein neuer Standard für eine Schnellladetechnik für bis zu 500 kW entwickelt werden.

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