Fahrbericht Honda Jazz: Kleiner Japaner ganz groß

Autor / Redakteur: Max Friedhoff/SP-X / Jens Scheiner

Der Honda Jazz vereint ein sehr kompaktes Äußeres mit einem verhältnismäßig großzügigen Platzangebot im Innenraum. Nun statten die Japaner den großen Kleinen mit einem stärkeren Motor aus – Zeit für einen Test.

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Honda hat den Jazz überarbeitet: Neben einer aggressiveren Optik gibt es auch neue Triebwerke.
Honda hat den Jazz überarbeitet: Neben einer aggressiveren Optik gibt es auch neue Triebwerke.
(Bild: Honda)

Die wichtigste Änderung am überarbeiteten Honda Jazz? Der Motor. Das kleine 1,3-Liter-Triebwerk mit 75 kW/102 PS ist nicht mehr die einzige Wahl, zusätzlich hält ein 1,5 Liter großes Aggregat mit stattlichen 96 kW/130 PS Einzug im kleinen Japaner, der mit einem Leergewicht von lediglich 1,1 Tonnen dazu auch noch erfreulich leicht ist. Doch von Anfang an.

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Betrachtet man den frisch überarbeiteten Jazz, fällt besonders die beinahe aggressive Front auf, die sich stark am scharfen Design des Markenbruders Civic orientiert. Schmale Scheinwerfer und eine steil abfallende Frontpartie führen in Verbindung mit dem knallroten Lack und den schwarzen Felgen unseres Testwagens zu einem selbstbewussten Auftritt. Am Heck wiederum zeigt der Jazz, wo seine Kernkompetenz wirklich liegt: im praktischen Alltagsnutzen. Eine große Kofferraumklappe und eine niedrige Ladekante machen das Verladen von größeren Gegenständen sehr einfach. Dazu kommen die „Magic Seats“ in der zweiten Sitzreihe, die sich nicht nur eben umlegen lassen, sondern deren Sitzfläche sich auch nach oben klappen lässt. So können sperrige Güter einfach hinter den Vordersitzen verstaut werden. Legt man alles um, was geht, fasst der Jazz beeindruckende 1.314 Liter und kann sogar Güter bis zu einer Länge von rund 2,50 Metern transportieren. In einem Auto, das selbst lediglich rund vier Meter misst, wohlgemerkt.

Schwächen in der Ausstattung

Nimmt man schließlich auf den etwas zu weichen Sitzen in der ersten Reihe Platz, fällt besonders das großzügige Raumangebot samt einer selbst für Großgewachsene angenehmen Kopffreiheit auf. Kein Wunder, überragt der Jazz mit 1,53 doch die meisten Kleinwagen deutlich. Leider ist das Lenkrad lediglich in der Höhe verstellbar, sodass man mit langen Beinen dennoch die Sitzposition „Affe auf Schleifstein“ einnehmen muss. Und auch sonst ist der Innenraum abseits des Raumangebots nicht überragend eingerichtet. Viel Hartplastik, altbacken wirkende Instrumente und ein etwas knarziger Schalthebel lassen schnell vergessen, dass der Jazz mit 96 kW/130 PS mindestens 19.990 Euro kostet. Extras wie Klimaanlage, LED-Scheinwerfer und Infotainmentsystem mit CD-Player, Internetradio, 7-Zoll-Touchscreen und App-Integration sind serienmäßig. Eine Rückfahrkamera oder eine Klimaautomatik gibt es dagegen nicht mal gegen Aufpreis.

Wirft man den kleinen Saugmotor dann allerdings an und fährt ein paar Meter, findet man im Jazz schnell einen neuen Freund. Das Triebwerk dreht willig hoch und die Motorleistung ist mehr als ausreichend für den Stadt- und Landstraßenverkehr. Leider dröhnt das Aggregat schon bei niedrigem Autobahntempo von 110 km/h merklich lauter als bei der Konkurrenz – ein Minuspunkt in Sachen Komfort, der sich bei Reisegeschwindigkeiten jenseits der 140 km/h nur durch eine stark erhöhte Gesprächslautstärke ausgleichen lässt.

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Wir stellen also fest: Die Reviere des Jazz sind fahrdynamisch eher die Innenstadt oder die Landstraße. Auf Letzterer machen sich besonders das niedrige Gewicht und das hervorragend austarierte Chassis bemerkbar – kaum ein anderer Kleinwagen gibt so viel ehrliches Feedback durch Lenkung und Fahrwerk wie der Jazz. Dazu kommt, dass man bei gemäßigtem Tempo auch sehr nah an die Werksangabe von 5,9 Liter pro 100 Kilometer heranfahren kann. Während unseres Tests genehmigte sich der Jazz im Mittel 6,4 Liter auf 100 Kilometer. Das reicht zusammen mit dem 40 Liter großen Tank für ordentliche Distanzen mit einer Füllung.

Der Jazz bleibt ein extrem praktisches kleines Auto mit netter Optik, das bei Autobahntauglichkeit und der Anmutung im Innenraum aber schwächelt. Immerhin: Bei der Konkurrenz von Renault (Clio) oder Opel (Corsa) gibt es gar kein Modell mit 96 kW/130 PS. Hier müssen die Kunden mit viel weniger Vorlieb nehmen oder ein teureres Sportmodell kaufen. Lediglich der VW Polo kommt mit 116 PS in die Nähe des Jazz, wiegt aber mehr als der Japaner. Dafür dürfte man dort den schickeren Innenraum bekommen.

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