Elektromobilität Studie zur E-Mobilität: Mit angezogener Bremse

Autor Christian Otto

Die Elektromobilität trifft hierzulande weiterhin nur auf eine schwache Resonanz bei den potenziellen Kunden. Es bleiben die bekannten Probleme. Dabei sieht die Unternehmensberatung Berylls Strategy Advisors die Blaupause für den Erfolg in Norwegen und in den Niederlanden.

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Der Tesla Model 3 ist auch hierzulande sehr beliebt.
Der Tesla Model 3 ist auch hierzulande sehr beliebt.
(Bild: Auto-Medienportal.Net/Jens Meiners)

Auf der diesjährigen IAA wollten die deutschen Hersteller, allen voran Volkswagen mit dem ID.3 und Porsche mit dem Taycan, mit ansprechenden E-Modellen überzeugen. Dass diese Premieren und das sich parallel bei allen OEMs erweiternde Hybrid-Portfolio aber noch positiv auf den Gesamtmarkt in Deutschland auswirkt, darf bezweifelt werden.

Der Markt „trete auf der Stelle“, attestiert die Managementberatung Berylls Strategy Advisors in ihrer umfangreichen xEV-Situationsanalyse. Dabei vergleichen die Branchenexperten den deutschen Markt mit China, den USA und Norwegen, aber auch mit EU-Ländern wie Frankreich und den Niederlanden. Die Gründe für den schwachen Markthochlauf seien dabei weiterhin der niedrige Kaufanreiz, die noch überschaubare Infrastruktur sowie das geringe Fahrzeugangebot. Allerdings ähnelt das deutsche Bild dem im Vereinigten Königreich (UK) und in Frankreich.

Subventionen entscheidend

Die Niederlande und Norwegen sind weiterhin Vorreiter. Vor allem subventionieren die dortigen Regierungen laut Berylls die xEVs so stark, dass sie deutlich günstiger als vergleichbare Verbrennerfahrzeuge waren und teilweise sind. Im Vergleich hierzu gibt es in den USA überhaupt noch kein landesweites Incentive-Programm. Auch bei der Ladeinfrastruktur haben diese Länder den Aufbau konsequent vorangetrieben. Dort erreicht die Zahl der Lademöglichkeiten schon die der regulären Tankstellen. Eine flächendeckende Versorgung ist gewährleistet. Hier hinkt Deutschland hinterher – und mehr noch die USA. China versucht, mit enormen Investitionen das größte Netzwerk weltweit aufzubauen – und hat derzeit schon fünfmal so viele Ladepunkte wie die USA. Einzig bei der Auswahl der Modelle zeigt sich übergreifend eine schmales Sortiment.

In allen Ländern wird den Kunden nur in einem Viertel aller Fahrzeugsegmente ein annehmbares xEV-Portfolio geboten; das heißt mehr als zwei Modelle mit elektrifiziertem Antrieb. Doch eine größere Fahrzeugauswahl allein wird laut Marian Asche, E-Mobility-Experte und Studienleiter, nicht ausreichen: „Die meisten OEMs fokussieren immer noch auf das Fahrzeug und nicht auf das gesamte E-Mobility-Ökosystem. Doch diese gesamtheitliche Betrachtung ist entscheidend.“

Leichter BEV-Schub

Ein genauer Blick auf Deutschland zeigt, dass zumindest die von der deutschen Regierung Anfang des Jahres eingeführte Subventionierung von xEV-Firmenfahrzeugen in Teilen Erfolg zeitigt: Konkret hat sich die Neuzulassung von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEVs) im ersten Halbjahr 2019 von 17.000 auf 31.000 Einheiten fast verdoppelt. Doch gleichzeitig verlieren die Plug-in-Hybride (PHEVs) gegenüber dem Vorjahr leicht. Bei den BEVs entfällt ein Drittel des Wachstums allein auf das Model 3 von Tesla. Hier müssen die deutschen OEMs mit eigenen attraktiven Produkten schnellstmöglich nachziehen. Und gerade die Premiumanbieter wie BMW und Mercedes setzen viel Hoffnung in den Erfolg der PHEVs.

Die Berylls-Analyse betrachtet auch den Anteil der xEV-Fahrzeuge an der Gesamtflotte. Dort führt Norwegen in der Betrachtung mit einem Wert von 7,7 Prozent. Bei der absoluten Flottengröße war allerdings China mit 2,3 Millionen xEV-Fahrzeugen im Jahr 2018 ganz klar an der Spitze. Das bedeutete eine Verdopplung für diesen Markt. Deutschland spielt derweil in einer Liga mit den USA – bei einem Anteil von unter 0,5 Prozent.

Es gilt, einen Teufelskreis zu durchbrechen

Kundenwünsche fokussieren

Vor allem müsse es der Branche gelingen, den Kunden als Entscheider in den Mittelpunkt zu stellen, urteilen die Autoren der Analyse. Derzeit sei der Kunde noch stark verunsichert und zweifle an den Vorteilen und der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit der Elektromobilität. Dass hier ein schneller Umschwung erfolgt, bezweifeln die Branchenkenner derweil und erwarten für Deutschland und die EU erst 2021 eine Wende. Da dürften die OEMs vor allem selbst ihre xEV-Modelle subventionieren, um drohende CO2-Strafzahlungen zu umgehen.

„Es gilt, einen Teufelskreis zu durchbrechen: Ohne attraktives Fahrzeugportfolio werden die Kunden kein Interesse an der E-Mobilität zeigen, ohne eine ausreichend verfügbare Infrastruktur werden Kunden ebenfalls kein Interesse zeigen, ohne Kundeninteresse wird kein attraktives Portfolio entwickelt und so weiter. In Ländern, in denen diese Schleife aufgebrochen wird, das Fahrzeugangebot wächst, sehen wir auch eine deutliche Zunahme der Kundenakzeptanz für die E-Mobilität“, resümiert Andreas Radics, geschäftsführender Partner bei Berylls Strategy Advisors.

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