Fahrbericht Toyota Corolla: Der bessere Auris
Der neue Corolla zeigt sich schärfer gezeichnet denn je und der Antrieb ist nicht nur sparsam, sondern hat auch sportliche Züge. Dennoch hat der Japaner in unserem Test einige Schwächen offenbart.
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Der Toyota Corolla gilt mit 45 Millionen abgesetzten Einheiten als das weltweit meistverkaufte Fahrzeug. Selbst die 2006 eingeführte Namensänderung in „Auris“ hat der Beliebtheit keinen Abbruch getan. Dennoch rollt die zwölfte Generation seit dem vergangenen Jahr weltweit wieder unter dem altbekannten Namen „Corolla“ auf den Straßen. Wir haben den C-Segment-Vertreter von Toyota mit Hybridantrieb getestet.
Feines Füßchen für einen geringen Verbrauch
Allerdings darf man sich von der EV-Mode-Taste in der Mittelkonsole nicht in die Irre führen lassen: Der Corolla hat keinen rein elektrischen Fahrmodus, der Strecken über eine größere Distanz ermöglicht. Vielmehr unterstützt die 216-Volt große Nickel-Metall-Hydrid-Batterie den Benziner beim Anfahren sowie beim Gleiten mit elektrischer Energie. Dafür muss man allerdings ein gewisses Maß an Feingefühl im rechten Fuß beweisen. Gelingt dies mit etwas Übung, fährt der Corolla für ein paar Kilometer allein mit der Energie aus der Batterie. Beim Test hat das bis Tempo 70 einwandfrei funktioniert, laut Toyota soll der Corolla allerdings bis 115 km/h elektrisch rollen. Wer ein nicht ganz so feines Füßchen vorweisen kann, muss damit rechnen, dass sich der Zwei-Liter-Benziner zuschaltet.
Dass Toyota seinen Hybridantrieb über Jahre hinweg perfektioniert hat, wird hier sehr deutlich. Im unteren Lastenbereich wirkt das Zusammenspiel zwischen dem 112 kW/153 PS starken Ottomotor und der E-Maschine (80 kW/109) PS sehr harmonisch: Man muss schon genau hinhören, um das Zu- und Abschalten des Verbrennungsmotors wahrzunehmen. Der Übergang erfolgt weich und harmonisch und das Geräuschniveau ist beeindruckend.
Corolla zeigt sich äußerst sparsam
Ein Blick auf den analogen Drehzahlmesser oder die digitale Energieflussanzeige auf dem Sieben-Zoll-Cockpit hinter dem Lenkrad geben Aufschluss darüber, ob der Motor oder die Batterie gerade am Vortrieb beteiligt ist. Oder aber, ob der Energiespeicher durch Ausrollen oder mittels Bremsenergierückgewinnung aufgeladen wird. Wer mit einem so sanften Gasfuß im Stadt- und Überlandverkehr mit maximal 120 km/h mitschwimmt, kommt auf einen Verbrauch zwischen 3,6 und 5,5 Liter auf 100 Kilometer.
Wer allerdings der Kandidat Holzfuß ist oder auf der Autobahn dazu neigt schnell voranzukommen, der muss nicht nur mit einem Verbrauch von bis zu acht Litern rechnen, sondern auch mit einem lauten Aggregat. Trotz des weiterentwickelten Antriebsstranges haben die Ingenieure, beim kräftigen Tritt aufs Gaspedal, dem Hybridantrieb mit Planetengetriebe das laute Aufheulen des Motors noch immer nicht abgewöhnen können. Unter tosendem Gejaule der stufenlos arbeitenden Automatik schnellt die Nadel des Drehzahlmessers blitzschnell kurz vor den roten Bereich, um den Kompakten angenehm kraftvoll anzuschieben. Dabei wirkt er allerdings extrem angestrengt. Von null auf Tempo 100 schafft es der Corolla laut Datenblatt in 8,2 Sekunden. Die abgeregelte Höchstgeschwindigkeit soll bei nur 180 km/h liegen. Beim Testen auf der Autobahn haben wir einen Spitzenwert von 185 km/h gemessen.
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Fahrbericht
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Schwächen im Innenraum
Fahrbahn- und Windgeräusche dringen bei diesem Tempo gefühlt von jeder Öffnung des Fahrzeugs in den Innenraum. Konversationen mit den Fondpassagieren sind daher nur unter größter Anstrengung der Stimmbänder möglich. Allerdings hat Toyota das Auto eigenen Angaben zufolge an vielen Stellen hinsichtlich der Geräuschentwicklung optimiert: So sind große Teile des Interieurs unterfüttert oder gedämmt. Dieses Plus macht sich allerdings nur bei gewöhnlichem Reisetempo von 130 km/h bemerkbar.
Dafür sind die bequemen Sitze sowohl vorne als auch hinten gut konturiert, ausreichend gepolstert und geben guten Seitenhalt. Lediglich die Beinfreiheit auf den hinteren Plätzen ist, entsprechend der Größe des Fahrers, mal mehr mal weniger eingeschränkt. Insgesamt zeigt sich der Innenraum sehr wankelmütig: Der Materialmix aus schwarzem Stoff, etwas Leder und viel Kunststoff sowie Elementen aus Klavierlack und Aluapplikationen sind in Ordnung, ebenso die Verarbeitung.
Größere Schwächen des Infotainment-Systems
Das aufgesetzte Sieben-Zoll-Touchdisplay wirkt auf dem großflächigen Armaturenträger etwas verloren und die zahlreichen Schalter, Tasten und Knöpfe sind von der Haptik und Optik nicht auf Höhe der Zeit. Gleiches gilt für das Infotainmentsystem: Das Menü ist zu sehr verschachtelt, die Anbindung mit dem iPhone über Bluetooth hat nicht geklappt und die Bedienung des Navis ist alles andere als intuitiv und übersichtlich. Zudem gibt es keine Live-Traffic-Funktionen und die Kartendarstellung wirkt wie ein Hit-and-Run-Spiel aus den 90ern. Die Spracheingabe versteht weder Radiosender noch Straßennamen, daher empfehlen wir das iPhone mittels Carplay zu verbinden – wenn es denn mal funktionieren sollte. Zwar klappt die Spracheingabe nicht besser, dafür die Navigation.
In puncto Sicherheits- und Assistenzsysteme sind die Japaner naturgemäß sehr gut aufgestellt. Bereits in der Basisausstattung ist der Corolla vollgepackt mit allerlei Helfern: Mit dabei ist das sogenannte „Safety Sense“-Paket, das aus Frontkollisionswarner, Notbrems- und Aufmerksamkeitsassistent besteht. Daneben gehört die Verkehrszeichenerkennung, ein mitlenkender Spurhalteassistent, der den Wagen zuverlässig in die Fahrbahnmitte steuert, sowie ein adaptiver Abstandstempomat, der allerdings im Stau nicht selbstständig anfährt, zum Serienumfang.
Viel Lärm und hohe Preise
Ebenfalls typisch-asiatisch sind die ständigen Warngeräusche, die einem suggerieren, dass jeden Moment etwas passieren kann. So beim rückwärtigen Ausparken: Selbst wenn das heranfahrende Fahrzeug gefühlt 50 Meter entfernt ist, piept es wie wild im Innenraum. Das hohe Ausstattungsniveau fährt der Toyota allerdings wieder über den Listenpreis ein, denn der Corolla kostet in der Hybrid-Version mit dem von uns getesteten Zwei-Liter-Aggregat und der Lounge-Ausstattung knapp 35.000 Euro. Setzt man noch den einen oder anderen Haken auf der Optionsliste, dann kratzt man die 40.000 Euro an. Zum Vergleich: Die Basis-Version mit dem kleineren 1.2-Liter-Benziner ohne Hybrid-Power und einer mauen Ausstattung gibt es dagegen ab 20.990 Euro.
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Für alle Corollas gleich ist die neue „TNGA GA-C“-Plattform, die auch die jüngsten Generationen des Prius und des C-HR tragen. Ein tieferer Schwerpunkt, eine breitere Spur sowie eine steifere Karosserie in Kombination mit einer komplett neuen Mehrlenker-Hinterachse und einem neuen Feder-Dämpfer-System verleihen dem Kompakten sportliche Züge: Der Corolla liegt sicher und stabil auf der Straße, dabei überzeugt die straffe Hinterachse in engen, schnellen Kurven mit gutem Fahrbahnkontakt, gibt aber grobe Stöße auch unvermittelt weiter.
Neue Design-Ansätze beim Corolla
Insgesamt ist die Abstimmung aber gelungen. Die Lenkung arbeitet angenehm präzise, könnte aber einen Tick straffer für eine direktere Rückmeldung sein. Das würde gemeinsam mit dem strammen Fahrwerk den sportlichen Gesamteindruck des Corolla abrunden, denn die zwölfte Generation unterscheidet sich auch optisch grundlegend von seinen oftmals biederen Vorgängern. Oder wie es Toyota formuliert: „no more boring cars“. Die spitzzulaufenden LED-Scheinwerfer ziehen sich bis weit in die flache Motorhaube hinein. Das polarisierende Design mit scharfen Kanten und einer extrem dynamischen Linienführung zieht sich bis in das etwas steiler abfallende Heck. Auch hier ziehen sich die neugestalteten Heckleuchte bis weit in die Kofferraummitte hinein und verleihen dem Kompakten einen breiteren Auftritt, der wird durch zwei angedeutete Auspuffendrohre zusätzlich unterstrichen.
Toyota hat mit dem neuen Corolla einen soliden Kompakten mit einem außergewöhnlichen Design konstruiert, der zudem mit einem ausgereiftem Hybridsystem, einem ausbalancierten Fahrwerk und einem geringen Verbrauch überzeugt. Allerdings bringen einen das Infotainment samt Navi und das ständige piepen der Assistenten auf die Palme. Daneben ist das Platzangebot im Fond und der kleine Kofferraum nicht wirklich für längere Reisen gemacht.
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