Kommentar Was für ein Irrsinn!

Autor / Redakteur: Claus-Peter Köth / Svenja Gelowicz

Wirtschaftskrise und Technologiewandel setzen den Automobilzulieferern zu – und das Geschäftsgebaren der Kunden: Wo ist die viel gepriesene partnerschaftliche Zusammenarbeit? Ein Kommentar.

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Chefredakteur Claus-Peter Köth.
Chefredakteur Claus-Peter Köth.
(Bild: Stefan Bausewein)

Elektromobilität, Digitalisierung, Coronakrise, Brexit – die Veränderungen in der Branche sind riesig und schreiten so rasant voran, dass immer mehr Unternehmen nicht mehr folgen können. Doch als wären die Aussichten, insbesondere für die KMUs, nicht schon finster genug, setzen die Protagonisten noch einen drauf: VW-Chef Herbert Diess etwa sagte jüngst, er sei enttäuscht von den Zulieferern und bemängelte deren Engagement bei der E-Mobilität. Daimler-Finanzchef Harald Wilhelm forderte seine Mitarbeiter auf, eingehende Rechnungen von Lieferanten so spät wie möglich zu begleichen.

Beide Meldungen sorgten für einen regelrechten Shitstorm auf unseren Social-Media-Kanälen. Auch ich habe mich gefragt: Wo ist sie denn, die viel gepriesene partnerschaftliche Zusammenarbeit, auf die wir Journalisten in den Gesprächsrunden mit den OEMs stets hingewiesen werden? Alles nur Lippenbekenntnisse der Vorstände, die auf Arbeitsebene ganz schnell wieder einkassiert werden, weil es letztlich eh nur darum geht, so billig wie möglich einzukaufen? Etwa hochwertige Komponenten aus Aluminium oder Stahl, natürlich nachhaltig hergestellt, aber kalkuliert auf Basis chinesischer Kilopreise. „Wenn ich Lieferanten jahrelang nicht als Partner behandle, sondern als Fußabtreter, darf ich mich nicht wundern, wenn dort keine Entwicklungsarbeit mehr geleistet wird“, schrieben die einen. „Ein unmögliches Verhalten. Was die OEMs da machen, ist für die Zulieferindustrie absolut tödlich“, die anderen.

100 Zulieferer-Insolvenzen prognostiziert

Wie wahr: So prognostiziert Berylls-Partner Jan Dannenberg alleine im deutschsprachigen Raum für die Jahre 2020/21 etwa 100 Zulieferer-Insolvenzen. Demzufolge gebe es in den Risikoabteilungen der OEMs gerade viel zu tun, um Unternehmen zu stabilisieren, die für die Liefersicherheit essenziell seien. Was für ein Irrsinn! Man ist fast geneigt zu sagen: „Behandelt eure Zulieferer ordentlich. Dann könnt ihr euch diese Arbeit sparen.“

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