Neue Mobilität Im autonomen Shuttle durch Hamburg: Testbetrieb startet

Autor Svenja Gelowicz

Hamburg wird seiner Vorreiterrolle in Sachen innerstädtischer Transport auf ein Neues gerecht: Gestern hat ein Konsortium rund um die Hochbahn Hamburg und den Entwicklungsdienstleister IAV ein automatisiertes Shuttle präsentiert. Der Prototyp startet schon bald in den Testbetrieb.

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Zehn Passagiere finden in dem Shuttle Platz, der schon bald in der Hamburger Hafencity erste Testrunden dreht.
Zehn Passagiere finden in dem Shuttle Platz, der schon bald in der Hamburger Hafencity erste Testrunden dreht.
(Bild: Hochbahn Hamburg)

Ein kurzer Regenschauer, bevor die Hochbahn Hamburg ihr Shuttle vorstellt: Das gehört in der Hansestadt bekanntlich zum guten Ton. Innerhalb von Minuten und pünktlich zur Enthüllung verzogen sich die Wolken.

Nicht innerhalb von Minuten, jedoch ebenfalls in einem erstaunlichen Tempo, hat ein Konsortium rund um das Projekt „HEAT“ (Hamburg Electric Autonomous Transportation) einen Prototypen samt vernetzter Infrastruktur auf ein Testgelände in der Hamburger Hafencity gebracht. Fünf Meter lang, fast drei Tonnen schwer ist das Fahrzeug, das schon ab Mitte des nächsten Jahres bis zu zehn Passagiere befördern soll. Erst mal auf einer Teststrecke: Sie misst 1,8 Kilometer und hat fünf Haltestellen. Der Probebetrieb – ohne Passagiere - geht schon nächsten Monat los, auf einem eingegrenzten Teil der Teststrecke. Ziel des Forschungsprojektes ist es, unter realistischen Verkehrsbedingungen Erfahrungen zu sammeln, wie künftig autonome Shuttles in den Straßenverkehr eingebunden werden können

Neben dem Volkswagen-Fahrdienst Moia, der bereits in den ÖPNV eingegliedert wurde, ist dies ein weiterer Schritt, mit dem sich die Hansestadt in Sachen Transport ganz vorne platziert.

Sicherheit steht an erster Stelle

Entwickelt hat den Shuttle der Berliner Engineering-Dienstleister IAV. „Wir entwickeln seit 20 Jahren Sensorik und testen seit dem Jahr 2003 automatisiertes Fahren“, sagte IAV-Geschäftsführer Matthias Kratzsch bei der Fahrzeugpräsentation. Fünf Radar- und acht Lidarsensoren verleihen dem Shuttle eine Rundumsicht, die Systeme sind redundant. Denn auch die Infrastruktur ist mit Sensorik ausgestattet. Das Fahrzeug steht auch im ständigen Austausch mit der Leitstelle der Hochbahn. Deren Mitarbeiter können das Fahrzeug also notfalls stoppen und die Türen öffnen oder mit den Fahrgästen kommunizieren.

Der Shuttle erkenne brenzlige Situationen allerdings auch selbst – und fahre dann zum Halten an den rechten Fahrbahnrand. „Es ist eine Herausforderung, das Fahrzeug in den ÖPNV zu integrieren“, merkte Kratzsch allerdings auch an.

Der Berliner Entwicklungsdienstleister nutzt für den Shuttle verschiedene Technik von Automobilzulieferern. Das Fahrwerk beispielsweise kommt von Schaeffler: Die Franken haben sich vor geraumer Zeit bei Paravan eingekauft, um gemeinsam die sogenannte Drive-by-Wire-Technik weiterzuentwickeln. Ein Lenkrad und die mechanische Verbindung zur Lenksäule entfallen.

V2X-Kommunikation: Auch die Infrastruktur ist smart

Damit das Fahrzeug eigenständige Entscheidungen treffen kann, reicht die verbaute Sensorik nicht aus. Die Umgebung muss ebenfalls Informationen liefern. Siemens Mobility hat dafür eine intelligente Infrastruktur in die Teststrecke verbaut. Das sind zum Beispiel Masten mit Lidar-Sensoren. Markus Schlitt, Leiter Intelligent Traffic Systems bei Siemens Mobility, sagt: „Die Infrastruktur sorgt für Sicherheit und Geschwindigkeit. Das Fahrzeug hat quasi neben der selbst erstellten Karte noch eine zweite durch die Umgebung. Es muss um die Ecke schauen können.“

Jetzt gilt es erst mal, die drei Prototypen ausgiebig zu erproben. Die hat IAV übrigens selbst gebaut. Der Testbetrieb startet bereits diesen Monat. Die Automatisierung soll dabei peu à peu gesteigert werden.

Hamburg: Autonome Shuttles im Testbetrieb

Phase 1: August 2019
Erprobung auf einem ausgewählten Abschnitt der Teststrecke, mit Fahrzeugbegleiter und ohne Fahrgäste. Geschwindigkeit: 15 km/h
Phase 2: Mitte 2020
Die Teststrecke wird erweitert, feste Haltestellen, mit Fahrzeugbegleiter und eingewiesenen Passagieren. Geschwindigkeit: 25 km/h
Phase 3: 2021
Finale Erprobung auf der gesamten, 1,8 Kilometer langen Teststrecke. Feste Haltestellen mit Fahrgästen und ohne Fahrzeugbegleiter. Geschwindigkeit: 50 km/h

Das autonome Fahren selbst hat auch Kritiker. Zu gefährlich, sagen dabei auch einige, und außerdem zu teuer. Hochbahn-Chef Henrik Falk sagt: „Wir kommen als klassischer ÖPNV an unsere Grenzen. Schon mittelfristig sehen wir großes Potenzial in den Shuttles.“ Das lassen sich die Projektpartner einiges kosten: ein zweistelliger Millionenbetrag fließt in das Projekt, dessen Ausgang stark von der Akzeptanz in der Bevölkerung abhängt.

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