Fahrbericht Peugeot 508: Frankreichs Antwort auf den Arteon

Autor Jens Scheiner

Mit geschärfter Optik, modernen Assistenzsystemen sowie hochwertigen Materialien und guter Verarbeitung wollen die Franzosen im Konzert der viertürigen, coupéartigen Limousinen mitmischen. Wir haben den 508 in der GT-Line getestet.

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Der Peugeot 508 geht in die zweite Runde und soll mit geschärfter Optik, modernen Assistenzsystemen sowie hochwertigen Materialien überzeugen.
Der Peugeot 508 geht in die zweite Runde und soll mit geschärfter Optik, modernen Assistenzsystemen sowie hochwertigen Materialien überzeugen.
(Bild: »Automobil Industrie«/Jens Scheiner)

Seit September 2010 ist der Peugeot 508 das Flaggschiff der Franzosen. Wirklich gut performt hat die Oberklassenlimousine in Deutschland bislang aber noch nicht. Das soll sich nun mit der zweiten Generation, die bereits seit Oktober 2018 auf den Straßen rollt, ändern. Und die Chancen stehen gut, denn auf unseren Testfahrten in und um Würzburg haben sich einige Köpfe nach der coupéartigen Limousine umgedreht. Und das zu Recht.

Denn optisch haben die Designer den 508 komplett überarbeitet und ihn mit Elementen bekannter Modelle versehen: So wie beim legendären 504 aus den 1970ern sitzt der Löwe wieder in der Mitte des Kühlergrills, während die Modellbezeichnung 508 am unteren Rand der Motorhaube platziert ist. Allerdings trägt der Kühlergrill ein Rennflaggenmuster und ist deutlich schmaler gezeichnet. Die LED-Scheinwerfer verleihen der Frontpartie gemeinsam mit der lang nach unten gezogenen Motorhaube einen „bösen Blick“. Und die zwei neuen LED-Tagfahrleuchten rechts und links der Scheinwerfer, ziehen sich bis tief in die Frontschürze und gehen fließend in die Lufteinlässe über.

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Auch einige Elemente der Studie Exalt haben die Franzosen übernommen: Die dreidimensionalen LED-Rückleuchten, die in ein durchgehendes schwarzes Band eingelassen sind, erinnern zudem an die Studie. Die Linienführung des 508 ist insgesamt sehr dynamisch gewählt, unterstrichen wird dieser Eindruck durch die flachen rahmenlosen Fenster sowie einer Höhe von nur 1,40 Metern. Damit ist die zweite Generation sechs Zentimeter flacher als der Vorgänger und mit einer Länge von 4,75 Metern sogar acht Zentimeter kürzer.

Alltagstauglich und komfortabel

Die neuen Dimensionen machen sich sowohl beim Einsteigen als auch bei den Platzverhältnissen bemerkbar – besonders im Fond: Personen ab einer Körpergröße von 1,80 Metern müssen nicht nur beim Einstieg darauf achten sich nicht den Kopf zu stoßen, sondern auch wenn sie bereits auf den bequemen Sitzen Platz genommen haben. Die Kopffreiheit ist hier aufgrund der coupéförmigen Dachlinie sehr eingeschränkt. Außerdem fühlt man sich im Fond aufgrund des schmalen Heckfensters, der Scheibentönung und der massiven C-Säule etwas eingepfercht, obwohl die Bein- und Schulterfreiheit völlig in Ordnung sind – zumindest dann, wenn man nur zu zweit auf der Rückbank sitzt und der Fahrer nicht größer als 1,77 Meter ist, so wie der Autor.

Etwas Licht ins Dunkel bringen dagegen das Panoramaschiebedach mit elektrischer Jalousie (1.250 Euro) sowie die Ambientebeleuchtung. Ratsam wäre gewesen, das LED-Band bis zum Kofferraum auszudehnen, denn auch dieser ist ziemlich dunkel und mit 487 bzw. 1.537 Litern, was das Fassungsvermögen anbelangt, auch nur Mittelmaß. Der Arteon von VW beispielsweise bietet mit 563 bzw. 1.557 Liter etwas mehr. Dennoch reicht der Platz vollkommen aus, um einen großen Wochenendeinkauf samt Wasserkästen unterzubringen. Dank der relativ niedrigen Ladekante sowie der elektrischen Ladeklappe – gegen Aufpreis – lassen sich die Einkäufe auch bequem verstauen.

Bequem geht es auch auf den Vordersitzen zu, denn die Komfortsitze (in der GT-Line-Ausstattung serienmäßig) vermitteln Wohnzimmercouchflair mit ausziehbarer Oberschenkelauflage, Lendenwirbelstütze und Massagefunktion (750 Euro Aufpreis). Gleichzeitig sind die Sitze straff gepolstert und geben ausreichend Seitenhalt in schnellen Kurven.

Ausgewogenes Fahrwerk

In ambitioniert gefahrenen Kurven macht der 508 insgesamt einen guten Eindruck – die Karosserie neigt sich nur geringfügig. Mit verantwortlich sind unter anderem die in der GT-Line-Ausstattung serienmäßigen adaptiven Dämpfer. Sie passen ihre Arbeitsweise an den gewählten Fahrmodus an, wobei die unterschiedlichen Fahrmodi ganz nah beieinander liegen. Insgesamt hat das viertürige Coupé das Kopfsteinpflaster in der Altstadt sowie kleine Unebenheiten in der Fahrbahn oder Temposchweller ohne Probleme weggefedert.

Dabei ist der Federungskomfort sehr rund, aber niemals zu weich oder zu schwabbelig. Bei einem Wechsel in die Sport-Konfiguration hingegen hat die Hinterachs-Aufhängung Schlaglöcher direkt an die Passagiere weitergegeben. Und auch die Gasannahme ist spürbar sensibler geworden. Gleiches gilt für die weitestgehend direkte Lenkung, die einem allerdings in keinem Modus ein richtiges Gefühl für die Fahrbahn vermittelt hat. Das mag vielleicht auch an dem gewöhnungsbedürftigen Peugeot-Typischen Lenkrad liegen: Es ist sehr klein, oben und unten abgeflacht und liegt irgendwie komisch in der Hand. In Kombination mit dem weit oben angebrachten Digital-Kombiinstrument („i-Cockpit“) versperrt das in Länge und Höhe verstellbare Volant zudem die Sicht auf den unteren Teil des Cockpits.

So haben wir bei Testfahrten immer wieder die Tempoanzeige im Display aus den Augen verloren. Abhilfe verschaffte nur eine Verstellung der Lenkrad- sowie Sitzposition. Bis man diese gefunden hat, ist viel Feintuning gefragt und geht im schlechtesten Fall auf Kosten der Rundumübersicht. Diese ist wegen der massiven B-Säule und der flachen Motorhaube ohnehin nicht wirklich gut.

Umso wichtiger ist der Toter-Winkel-Warner als sinnvolle Option sowie die Rückfahrkamera. Außerdem war unser Testwagen unter anderem mit einem automatischen Geschwindigkeitsregler ausgestattet, der sich einfach per Schalter – links am Lenkrad – aktivieren lässt. Anschließend versorgt eine Anzeige im digitalen Cockpit den Fahrer mit allen nötigen Informationen.

Das System hat im Test einwandfrei funktioniert, ebenso wie der Spurhalteassistent mit Lenkeingriff: Er hat das Fahrzeug immer weich in die Spur zurückgeführt und zu keiner Zeit zu ruppig reagiert. Möchte man auf der Autobahn einmal die Spur wechseln ohne zu Blinken, lässt sich der Assistent einfach per Knopf – links hinter dem Lenkrad – ausschalten.

Infotainment: Komplizierte Menüstruktur

Daneben kann man fast alle weiteren Funktionen über den zentral platzierten, 10-Zoll-großen Touchscreen steuern. Wie so oft muss man sich allerdings mühsam durch das Infotainmentsystem blättern, um beispielsweise die Temperaturregelung zu finden. Wesentlich einfacher zu bedienen sind da die sieben Kippschalter unter dem Touchscreen mit denen sich unter anderem das Radio und das gut funktionierende Navigationssystem direkt ansteuern lassen, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Dann erfolgt die Steuerung wieder über das Touchdisplay, was insgesamt etwas nervig und verschachtelt ist.

Theoretisch sollte das Navi auch über die Sprachsteuerung funktionieren, hat es im Test aber nicht. Entweder hat die Dame den Zielort nicht gekannt oder uns einfach woanders hingeschickt. Wesentlich zielgerichteter kann man beispielsweise die Sitzheizung oder die Belüftung aktivieren: Dafür gibt es berührungsempfindliche Direkttasten unterhalb der Kippschalter.

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Ausreichend Durchzug in jeder Situation

Obwohl die Mittelkonsole sehr hoch aufbaut wirkt der Innenraum insgesamt harmonisch und wertig: Digital-Cockpit und Touchscreen sind von Leder, Echtholz sowie Klavierlack und Aluminium umgeben. Die Verarbeitung ist gut, ebenso wie die Dämmung im Innenraum. Trotz der rahmenlosen Scheiben hat man den Wind und die Reifen kaum gehört. Gleiches gilt für den 2,0 Liter Turbodiesel mit 130 kW/180 PS. Zumindest dann, wenn man auf der Landstraße dahingleitet. Lediglich beim Anfahren von der Ampel oder unter Volllast auf der Autobahn macht sich der Diesel im Innenraum bemerkbar.

Das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe schaltet weich und flüssig durch die Gänge. Nur im Sportmodus und mit durchgetretenem Gaspedal schaltet das Getriebe unnötig häufig zurück. Das ist allerdings nicht nötig, denn die 400 Newtonmeter Drehmoment sorgen für spürbaren Durchzug, selbst im niedrigen Drehzahlbereich.

Der Verbrauch hat sich je nach Fahrweise deutlich unterschieden: Im Eco-Modus auf der Landstraße standen 4,5 Liter auf der Anzeige. Bei einem längeren Sprint mit 180 km/h im Sportmodus auf der Autobahn schluckte der Diesel satte 11,7 Liter. Im Schnitt kam der Turbodiesel mit 7,7 Liter auf 100 Kilometer aus, das sind immerhin 3,0 Liter mehr als auf dem Datenblatt steht.

Peugeot 508: Guter Marktstart

Insgesamt ist der Peugeot 508 in der GT-Line nicht nur äußerlich ein Hingucker, auch der Innenraum überzeugt mit feinen Materialien und guter Verarbeitung. Gleiches gilt für die Assistenzsysteme und den Motor: Der Diesel ist in jedem Drehzahlbereich spritzig und kraftvoll, allerdings ist der Verbrauch einen Tick zu hoch. Das kann man vom Preis allerdings nicht behaupten. Unser Testwagen startet ab einem Preis von 46.450 Euro. Mit einigen Extras ist die 50.000 Euro-Marke allerdings schnell geknackt.

Bei den Zulassungen hatte der 508 einen guten Start in das Jahr 2019: Bei 196 angemeldeten Fahrzeugen liegt Peugeot in Deutschland nur knapp hinter dem Arteon (236). Im Moment spricht also einiges dafür, das die zweite Generation des 508 erfolgreicher sein wird, als die Erste.

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