Klimaschutz Mit Porsche in Patagonien: Sind E-Fuels eine Alternative?

Quelle: ampnet

Synthetische Kraftstoffe sind umstritten. Porsche investiert in E-Fuels und unterstützt in Chile eine Pilotanlage. Doch sind die Kraftstoffe wirklich eine Alternative zum E-Antrieb?

Unterwegs im Porsche Panamera in Patagonien, angetrieben mit E-Fuel.
Unterwegs im Porsche Panamera in Patagonien, angetrieben mit E-Fuel.
(Bild: Porsche)

Es ist windig in Punta Arenas, an der Südspitze von Chile. Es bläst kräftig genug, um dem Öffnen der Türen des Porsche Panamera gehörigen Widerstand entgegenzusetzen. Wenn man nicht aufpasst, schlagen sie mit Wucht wieder zu. Marcelo Daller spricht von einem „Wind von hoher Qualität“: In über 70 Prozent der Zeit ist er durchgängig so stark, dass er die Flügel einer gewaltigen Turbine mit Vehemenz in Bewegung setzen kann. In den verbleibenden 30 Prozent bläst der Wind manchmal zu schwach, meistens aber noch heftiger. Bei mehr als 90 km/h (Beaufort 10) schaltet sich die Turbine ab.

Daller leitet die Haru-Oni-Fabrik, die von dieser Turbine komplett mit Energie versorgt wird und derzeit noch als Demonstrationsobjekt dient. Sie gehört HIF, das steht für Highly Innovative Fuels; Porsche hat rund 70 Millionen Euro in das Projekt investiert. Im Moment kann die Fabrik pro Tag 350 Liter synthetischen Kraftstoff erzeugen beziehungsweise 130.000 Liter pro Jahr. Wenn sie weiter ausgebaut ist – mit 60 Windrädern – soll sie jährlich 66 Millionen Liter E-Fuels erzeugen. Ab 2027 sollen pro Jahr sogar 550 Millionen Liter E-Fuels entstehen.

HIF will neue Standorte bauen

Synthetische Kraftstoffe aus Kohlenstoff und Wasserstoff sind nichts Neues, aber seit einigen Jahren steckt Druck hinter dem Thema. Der Prozess wird permanent verbessert, um sie günstiger zu machen. HIF hat große Pläne: Schon dieses Jahr will man in Patagonien in den regulären Betrieb gehen, nächstes Jahr beginnen die Bauarbeiten im US-Staat Texas und auf der australischen Insel Tasmanien. 2027 sollen alle drei Standorte zusammen pro Tag 150.000 Barrel E-Fuels erzeugen (ca. 24 Millionen Liter).

Die meisten Anteile an HIF gehören der chilenischen Firma AME (Andes Mining and Energy), und ein führender Manager dort ist ein alter Universitäts-Kollege von Thomas Friemuth, dem Baureihenleiter des Porsche Panamera. Ein glücklicher Zufall: „Als er mir von dem Potenzial berichtet hat, das in den E-Fuels steckt, war mir eigentlich klar, dass Porsche sich hier engagieren sollte“, sagt Friemuth. „Elektroautos sind sehr gut, aber wir werden noch viele Jahre lang Autos mit Verbrennungsmotor auf der Straße haben – neue und alte Fahrzeuge. E-Fuels sind der einzige Treibstoff, der CO2-neutral ist. Strom ist es nicht.“

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E-Fuels holen CO2 aus Atmosphäre

Friemuth bezieht sich auf den gerne verschwiegenen Umstand, dass die Elektrizität, mit der E-Autos angetrieben werden, oft mit Kohle oder Gas erzeugt wird. Strom aus Wasser, Wind oder Solarzellen ist zwar sauber – genauso wie Kernenergie –, doch E-Fuels gehen noch einen Schritt weiter, indem sie aus dem Kohlenstoff erzeugt werden, der aus dem atmosphärischen CO2 geholt wird. Mit dem alternativen Kraftstoff können Otto- und Dieselmotoren sogar mehr CO2 aus der Atmosphäre holen als sie emittieren.

Das Projekt in Chile hat momentan noch keine Anlage zur CO2-Abscheidung, noch heuer wird sie allerdings aufgebaut. Vereinfacht dargestellt: Die Anlage zieht Kohlenstoff aus der Luft und mischt ihn mit Wasserstoff, der per Elektrolyse aus Meerwasser gewonnen wird, um Methanol zu erzeugen. Der Energiebedarf dafür wird vollständig durch den Wind abgedeckt.

Das Methanol wird zu E-Fuels synthetisiert, aus dem dann Treibstoff für Autos, Flugzeuge oder Schiffe gemacht wird. Der wird aus Südamerika mit Schiffen nach Europa gebracht. Die geplante Fabrik in Texas soll Nordamerika versorgen, aus Tasmanien wird nach Asien geliefert.

Kosten sind größte Herausforderung

Die größte Herausforderung für die E-Fuels sind die Kosten. Es braucht große Volumina – und selbst dann werden die Kraftstoffe noch teurer sein als die Raffinierung von Mineralöl, das es schließlich noch in großen Mengen gibt. „So billig wie Rohöl können wir nicht werden“, sagt Marcos Marques, Projektmanager bei Porsche für E-Fuels. Auf einen Preis will er sich nicht festlegen.

Doch er sagt: „Die Treibstoffkosten sind weitgehend durch Steuern und Regulierung definiert. Deshalb müssen sich die Regierungen einbringen und für Wettbewerbsfähigkeit sorgen. Rohöl muss teurer werden – oder synthetische Kraftstoffe müssen gefördert werden.“

Ein Sprecher der kanadischen Firma Carbon Engineering gewährte der „New York Times“ übrigens schon im Jahr 2019 Einblicke: Ungefähr 1,35 Euro pro Liter würde der Kraftstoff kosten – ohne Transportkosten und Steuern. Carbon Engineering beschäftigt sich in British Columbia mit dem Thema CO2-Abscheidung, ist jedoch nicht in das HIF- und Porsche-Projekt involviert.

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500-Kilometer-Tour mit E-Fuels

Das Schöne an E-Fuels ist, dass sie als direkte Alternative zu hochoktanigem Benzin ohne jegliche Modifikationen im Motor verwendet werden können. Auch um das zu demonstrieren, hat Porsche an die Südspitze Südamerikas eingeladen. Und einen Panamera E-Hybrid für eine 500-Kilometer-Tour mit E-Fuels im Tank zur Verfügung gestellt, einmal um den Nationalpark Torres del Paine herum.

Der Fünftürer funktionierte genau wie erwartet: Keine Verschlucker, kein Leistungsabfall, kein Mehrverbrauch. Und die Gedanken des Fahrers kreisen nicht um den Kraftstoff (oder den Ladezustand), sondern um die Straße und die Landschaft.

Das Marktpotenzial für E-Fuels scheint groß zu sein, auch wenn einige Regierungen den Verbrenner in Zukunft verbieten wollen. Selbst wenn es dazu kommt, wird es nämlich einen Markt bei Flugzeugen und Schiffen geben, die kaum sinnvoll mit Elektrizität betrieben werden können.

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