Fahrbericht Kia XCeed PHEV: Entspanntes Gleiten

Autor Jens Scheiner

Für den XCeed PHEV gibt Kia eine elektrische Reichweite von bis zu 58 Kilometern an. Wir haben diesen und weitere Werte des elektrifizierten Kompaktmodells getestet.

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Mit dem XCeed PHEV hat Kia das nächste elektrifizierte Modell auf den Markt gebracht. Wir haben das Crossover mit der Ausstattungsstufe Spirit getestet.
Mit dem XCeed PHEV hat Kia das nächste elektrifizierte Modell auf den Markt gebracht. Wir haben das Crossover mit der Ausstattungsstufe Spirit getestet.
(Bild: Thomas Günnel/»Automobil Industrie«)

Kia hat ambitionierte Ziele: Mit der Strategie „Plan S“ setzt der südkoreanische Automobilhersteller voll auf Elektromobilität und will bis zum Jahr 2025 den Markt anführen. Das erste speziell als Elektrofahrzeug konzipierte Modell der Marke soll im Jahr 2021 kommen, ab 2022 sollen zu der E-Auto-Palette dann neue MPVs und SUVs hinzukommen. Doch bis es soweit ist bleiben die aktuellen Kia-Modelle wie der Niro Plug-in-Hybrid nun der neue XCeed Plug-in-Hybrid.

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Kia XCeed PHEV: Unter Volllast überfordert

Das System hinter dem Antrieb ist nicht wirklich neu und kommt bereits in anderen PHEV-Modellen wie beispielsweise dem Niro oder dem Ceed Sportswagon zum Einsatz: Es kombiniert einen 1,6-Liter Sauger mit 77 kW/105 mit einem 44,5 kW/60,5 PS starken E-Motor. Die Systemleistung beträgt 104 kW/141 PS bei einem maximalen Drehmoment von 265 Nm.

Wirklich spritzig und kraftvoll ist die Antriebseinheit allerdings nicht. Beim kräftigen Tritt aufs Gaspedal unterstützt anfangs noch der E-Antrieb, klingt sich jedoch relativ schnell aus und überlässt dem Verbrenner die Arbeit. Das knapp 1,5 Tonnen schwere Crossover braucht gefühlt eine Ewigkeit bis es Fahrt aufnimmt; der angegebene Sprintwert von elf Sekunden auf Tempo 100 bestätigt unseren Eindruck.

Da hilft es auch nichts in den Sportmodus zu wechseln: Lenkung und Federung werden einen Tick härter, wirklich kraftvoller geht es aber auch hier nicht zu Sache. Dafür ist der Motor deutlich im Innenraum vernehmbar und erschwert den Dialog mit den Passagieren im Fond. Wohingegen die Wind- und Abrollgeräusche nur dezent im Hintergrund mitfahren.

Allerdings ist das Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebe hektisch und mitunter überfordert. Das ändert sich auch mit zunehmendem Tempo nicht; erst wenn der sechste Gang eingelegt ist, kommt so etwas wie Getriebeharmonie auf. Zumindest so lange bis dem Südkoreaner bei leichtem Anstieg bei Tempo 170 (gefühlt) die Luft ausgeht.

Beim neuerlichen Kick-down geht dann das Spiel mit dem überforderten Getriebe und der einhergehend Lärmkulisse wieder von vorne los. Das treibt natürlich den Verbrauch in die Höhe: Bei zügigem Tempo und ohne Akkuunterstützung, die sich bei 120 km/h sowieso abschaltet, pendelt sich der Verbrauch des Plug-in bei knapp unter zehn Litern ein.

Realistische Reichweite bei passiver Fahrweise

Also ab auf die Landstraße: Bei sanftem Beschleunigen benötigt der XCeed zwar einen Tick länger bis er auf Touren kommt, dafür arbeiten die beiden Systeme wesentlich harmonischer zusammen. Und auch das Sechs-Stufen-DCT schaltet die Gänge flüssiger und symmetrisch durch. Gemäßigtes Tempo und ein dahin gleiten auf Landstraßen liegen dem Crossover also grundsätzlich besser. Das wird besonders deutlich, wenn man einen Blick auf die Verbrauchsanzeige im Digitaltacho wirft: Bei gemütlicher Fahrt begnügt sich der Kia mit 4,6 Liter.

Deutlich sparsamer wird das Crossover im urbanen Raum bei 100-Prozent Akkubetrieb. Die Batterie (8,9 kWh) soll laut Datenblatt eine elektrische Reichweite von zu bis 58 Kilometer erlauben und 54 Kilometer mit 18-Zöllern, wie bei unserem Testwagen. Dieser Wert ist auch realistisch: Im üblichen Würzburger Verkehrschaos mit zahlreichen Baustellen, Staus und Rotphasen an der Ampel sowie einigen Tempo-30-Limits haben wir nach 30 gefahrenen Kilometern entnervt die Innenstadt verlassen.

Mit einer Restreichweite von 20 Kilometern sind wir anschließend die Vororte der Wein-Metropole abgefahren. Am Ende des Tests hat eine Akkuladung für rund 53 Kilometer gereicht. Unterm Strich stand im urbanen Testbetrieb laut Bordcomputer ein Durchschnittsverbrauch von 2,5 Liter Superbenzin und ein Stromverbrauch von 14,9 Kilowattstunden zu buche.

Akku schränkt Platzverhältnisse ein

Geladen wird entweder an einer öffentlichen Ladestation mit maximal 3,3 kW oder einer Haushaltsüblichen 230-Volt-Steckdose mit 2,7 kW. Die Ladezeit beträgt 2:45 bzw. 3:30 Stunden. Genug Zeit also, um während einer ausgiebigen Shoppingtour, den Akku (fast) komplett zu laden. Obwohl die Batterie 135 Liter Kofferraumvolumen kostet, bietet der XCeed PHEV mit 291 bis 1.243 Liter genug Platz, um die Einkäufe kommod zu verstauen.

Komfortabel ist auch das Raumangebot auf den vorderen Plätzen: Die minimal erhöhte Sitzposition erleichtert nicht nur den Ein- und Ausstieg, sondern dient auch der besseren Sicht nach vorne. Der Blick nach hinten ist durch die breite C-Säule und die kleinen Fenster etwas eingeschränkt. Gleiches gilt für das Platzangebot im Fond: Die Heckpassagiere haben zwar ausreichend Bein-, Kopf- und Schulterfreiheit, das gilt allerdings nur, wenn nicht mehr als zwei Personen auf der Rücksitzbank Platz nehmen und diese nicht größer als 1,80 Meter sind. Dafür ist das Gestühl auf allen Plätzen sehr bequem, gibt stabilen Seitenhalt und ist mit einem feinen Bezug aus gewebtem Stoff und Leder überzogen. Uns hat auf den vorderen Plätzen lediglich eine erweiterte Beinauflage gefehlt.

Zuverlässige Assistenten

Wie schon beim Antrieb nutzt Kia auch im Interieur eine bereits vorhandene Cockpit-Architektur der Modellgeschwister. Diese ist in Sachen Materialauswahl vielfältig und die Verarbeitungsqualität Kia-typisch gut: Der obere Bereich der Mittelkonsole, auf dem auch das freistehende 10,25-Zoll-Touchdisplay thront, ist mit unterfüttertem Kunststoff überzogen, während im unteren Bereich vorwiegend Hartplastik dominiert. Elemente aus Klavierlack sowie Blenden in Alu-Optik brechen die Schwarzplastik-tristesse etwas auf.

Das Multifunktionslenkrad ist mit Leder überzogen und mit der üblichen Flut an Schaltern und Knöpfen ausgestattet. Beispielsweise einem Abstandstempomat, der sich intuitiv bedienen lässt und selbst im Stau den Abstand zum Vordermann korrekt einhält. Auch der aktive Spurhalteassistent (serienmäßig) hat das Crossover einwandfrei in der Spur gehalten und nur sanft eingegriffen.

Daneben haben die serienmäßigen LED-Scheinwerfern die Fahrbahn bei Nacht optimal ausgeleuchtet und der automatische Fernlichtassistent zuverlässig abgeblendet. Erstaunlich gut hat auch die Verkehrszeichenerkennung Tempolimits erkannt, selbst Zusatzschilder für eine temporäre Geschwindigkeitsbegrenzung hat das System korrekt wiedergegeben.

Die kleinen Helfer treiben allerdings den Preis des Crossover in die Höhe: Die Basisversion des XCeed PHEV kostet rund 35.000 Euro, ist bereits ordentlich ausgestattet und lässt sich dank Umweltbonus (4.500 Euro) und Kaufprämie (2.250 Euro) um 6.750 Euro (Netto) drücken. Damit liegt er als Plug-in nur etwa 10.000 Euro über seinem vergleichbar starken Schwestermodell mit Doppelkupplungsgetriebe und Verbrenner – und gehört zu den günstigsten Plug-in-Hybriden auf dem Markt.

Voll ausgestattet für über 40.000 Euro

Bei der vollausgestatteten „Platinum-Edition“ für 42.890 Euro sinkt zwar der Bonus auf 5.625 Euro (3.750 Euro Umweltbonus + 1.875 Euro Kaufprämie), dafür fährt das Hybrid-Modell selbstständig in Parklücken, kühlt im Sommer angenehm den Hintern und verleiht dem Innenraum durch das öffnende Panorama-Glasdach unendliche Weiten.

Das in Kombination mit der schicken coupéförmigen Silhouette und der bis zu 58 Kilometer elektrischen Reichweite machen den Kia XCeed Plug-in-Hybrid zu einer ernstzunehmenden Alternative im Segment der kompakten Plug-in-Hybride. Daneben haben die Südkoreaner mit dem Ceed Sportswagon, dem Niro und dem Optima SW drei weitere Hybride und mit dem E-Soul und E-Niro zwei vollelektrische Modelle in ihrem Fuhrpark und kommen damit ihrem ambitionierten Ziel ein Stückchen näher.

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