Autonomes Fahren Kontrol-CEO Lauringer: „Es fehlen klare, einheitliche Regeln“

Von Christian Otto Lesedauer: 3 min

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In den Regelungen zum autonomen Fahren ist die Verantwortung einzelner Projektteilnehmer unklar und es fehlt eine Behörde als zentrale Anlaufstelle, kritisiert Andreas Lauringer. Ein Gespräch mit dem Kontrol-Chef.

Das autonome Fahren braucht einfache Regeln für die Fahrzeughalter.
Das autonome Fahren braucht einfache Regeln für die Fahrzeughalter.
(Bild: Mercedes-Benz AG)

Vor wenigen Wochen kam aus dem Unternehmen Kontrol Kritik am deutschen Genehmigungsverfahren für autonome Fahrzeuge. Es fehle an einheitlichen Kriterien, heißt es in einer Mitteilung der Österreicher. Unterstützung bekam das Statement von BMW, D Space, Infineon und ZF.

Das Zusammenspiel aus verschiedenen Verantwortlichkeiten bilde ein Bottleneck, lautet ein Vorwurf. Laut Kontrol sind einzelne Bundesländer wie Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen weiter als andere Länder. Überall fehle es jedoch an einem geförderten Projekt für den ÖPNV.

Herr Lauringer, der Hype um das autonom fahrende Auto ist laut Stellantis-Chef Carlos Tavares vorbei. Wie bewerten Sie diese Aussage des derzeit erfolgreichsten Automobilmanagers?

Ich denke, dass die Entwicklung autonom fahrender Autos wie alle neuen Technologien dem Gartner Hype-Zyklus folgt. Das heißt konkret: Schon vor fünf Jahren hat jeder Automobilhersteller ein Level 5-Fahrzeug präsentiert – Alltag sind sie heute jedoch nicht. Auch die Elektrifizierung findet erst zehn Jahre nach dem Hype statt. Technologie in der Breite auf die Straße zu bringen, und zwar robust und sicher, dauert.

Wo steht die Technik aktuell?

Wir sind an dem Punkt, wo die Funktionen auf den Markt kommen, für die ein Kunde zahlt: Parken, Autobahnfahren, Hub-to-Hub Lkw. Das Interesse der Menschen hat in der Zwischenzeit abgenommen, das ist ganz normal und wird sich auch wieder ändern.

Die interessantere Frage ist: Wollen Menschen überhaupt Level 5-Fahrzeuge?

Was denken Sie?

Ich glaube an eine autonome Zukunft, aber selbst ich denke, dass ein Mix aus aktivem und passivem Fahren gut sein wird, der den Komfort, die verfügbare Zeit und die Sicherheit erhöht.

In einem von Kontrol erstellten Forderungspapier sprechen sie von „eindeutigen Zuständigkeiten“. Was meinen Sie damit konkret?

Wir meinen damit, dass eine zentrale Anlaufstelle fehlt und eindeutige Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten definiert werden müssen, wenn es um den Betrieb von autonomen Fahrzeugen geht. Also eine klare Regelung, wer für welche Aspekte des autonomen Fahrens verantwortlich ist; zum Beispiel Automobilhersteller, Technologieunternehmen, Regulierungsbehörden und Versicherungen, für ihre Bereiche die Verantwortung übernehmen.

Kontrol-CEO Andreas Lauringer.
Kontrol-CEO Andreas Lauringer.
(Bild: Kontrol)

Wer sind aus Ihrer Sicht in Deutschland derzeit die wirklichen Treiber?

Es gibt in Deutschland verschiedene Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind und bedeutende Beiträge leisten. Dazu gehören Automobilhersteller wie Audi, BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen sowie Zulieferer wie Bosch, Continental und ZF. Aber auch Technologieunternehmen wie Google, Microsoft, die TÜVs, Infineon, oder Deloitte sind im Bereich des autonomen Fahrens tätig.

Sie sagen, Österreich macht manches derzeit schon besser.

In Österreich gibt es auf der staatlichen Seite eine Anlaufstelle. So kann zielgerichtet gearbeitet werden.

Sie fordern einheitliche Kriterien, Szenarien, Bewertungsmethoden und Tests für die Softwarequalität sowie funktionale Sicherheit. Warum ist dies derzeit noch nicht gegeben?

Eine Ursache für fehlende einheitliche Kriterien ist die Komplexität der Aufgabe – sie umfasst viele unterschiedliche Aspekte, wie zum Beispiel die Sensortechnik, die Fahrzeugsteuerung, die Navigation und die Kommunikation mit anderen Fahrzeugen und Verkehrsteilnehmern. Eine andere sind die unterschiedlichen rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen in verschiedenen Ländern und Regionen.

Es gibt die ISO-Normen 26262 und 21448.

Auch die NHTSA Guidelines for Automated Driving Systems sind zu nennen. Allerdings gibt es noch keine einheitlichen Standards oder Zertifizierungsverfahren, die von allen Akteuren akzeptiert und angewendet werden. Es ist wichtig, dass hier eine Einigung erreicht wird, um ein höheres Maß an Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Denn am Ende geht es um das Vertrauen in die Technik. Wenn dies fehlt, wird Herr Tavares recht behalten. Doch das ist ja eigentlich die Stärke der deutschen Hersteller: Zuverlässigkeit.

Auch die derzeit noch unklaren Anforderungen an die Typenzulassung kritisieren Sie. Was braucht es, um den Prozess zu vereinfachen?

Sie brauchen digitalisierte Verkehrsregeln, ständige Aktualisierungen von Änderungen der Vorschriften auf lokaler Ebene und die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften fast in Echtzeit.

Hier müssen alle, vor allem die Behörden, digitaler werden. Das zweite sind pragmatische Standards: Die Spielregeln müssen klar sein. Es geht hier um viele komplexe Details, die für den Fahrzeughalter so nicht greifbar und verständlich sind. Das Ziel müssen zehn Gebote sein, die jeder verstehen kann.

Sie sind regelmäßig in China. Wie geht man dort mit dem Thema um?

China investiert massiv in die Entwicklung des autonomem Fahrens und hat angekündigt, bis 2025 auf Autobahnen vollständig autonomes Fahren zu ermöglichen. Dieses Projekt hat politisch Priorität, so wie die 5G-Abdeckung, die in kürzester Zeit umgesetzt und erreicht wurde.

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