Wirtschaft Überkapazitäten und Gewinneinbruch: Zulieferer geraten ins Straucheln
Schwache Automärkte, hohe F&E-Ausgaben und ein volatiles Umfeld sorgen für eine herbe Krise in der Zulieferbranche. Einige kämpfen mit hohen Überkapazitäten, anderen geht das Geld aus. Eine neue Studie zeigt die Folgen.
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Die Zulieferbranche ist im Abschwung. Der Absatzrückgang auf dem weltweit größten Automarkt China trifft die Unternehmen empfindlich, gleichzeitig müssen sie riesige Summen in Zukunftstechnik investieren. Im ersten Halbjahr 2019 ist die Pkw-Produktion mit 46 Millionen Einheiten um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (48,4 Millionen Stück) zurückgegangen. Die Folgen analysiert die Studie „Global Automotive Supplier Study 2019“ der Beratungsfirma Roland Berger und der Investmentbank Lazard. Die Autoren haben 600 Zulieferunternehmen untersucht.
Drei Erkenntnisse, auf die es sich lohnt, einen Blick zu werfen.
1) Die Zulieferer verdienen weniger
Seit 2012 konnten die Automobilzulieferer in Summe sieben Jahre ihre Umsätze steigern, insgesamt sogar um mehr als ein Viertel. Nun zeigt die Kurve nach unten: um etwa fünf Prozent. Heißt: Die sinkende Nachfrage nach Pkws schlägt sich deutlich in den Bilanzen nieder. Vor allem die Profitabilität leidet. Während die Automobilzulieferer im vergangenen Jahr im weltweiten Durchschnitt noch 7,2 Prozent Ebit-Marge erwirtschafteten, liegt sie im aktuellen Jahr zwischen 6,0 und 6,3, prognostizieren die Berater.
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Autohersteller so wenig profitabel wie seit fast zehn Jahren nicht mehr
Dabei konnten in China beheimatete Zulieferer ihre Profitabilität im vergangenen Jahr aufrechterhalten (im Mittel neun Prozent). Laut der Studie profitieren sie dabei von der Nähe zu alten und neuen Herstellern, die zunehmend Autos in China herstellen. Zwar dürften die unter der Flaute in Fernost leiden. Langfristig, glauben die Berater von Roland Berger, werden sich die chinesischen Zulieferer zunehmend unter den Top-Zulieferern weltweit ausbreiten. Bisher gelang es diesen noch nicht, eine Spitzenposition einzunehmen. Im weltweiten Ranking schafft es lediglich der chinesische Antriebsspezialist Weichai Power unter die Top-20.
Sind sechs Prozent Marge nicht genug? Nein, sagen die Autoren der Studie, denn mit 6,0 Prozent näherten sich die Zulieferer einer Grenze, wo die Eigenfinanzierung sowie die Refinanzierung am Kapitalmarkt schwieriger würde. E-Mobilität und autonomes Fahren verschlingen hohe F&E-Budgets, und diese Investition zu stemmen sei mit der altbewährten Kapitalrückflusslogik „nicht mehr zu greifen“.
2) Den Zulieferern könnte das Geld ausgehen
Zulieferer, schreiben die Autoren, sollten sich daher ausreichend Finanzvolumina sichern. Der Zugang zu Kapital könnte durch die Situation am Markt schwieriger werden. Christof Söndermann, Managing Director bei Lazard: „Viele Equity-Investoren bevorzugen andere Sektoren als die zyklische Automobilindustrie. Gleichzeitig werden Banken restriktiver mit der Vergabe von Kreditfinanzierung – dies trifft insbesondere kleinere Zulieferer in Produktbereichen, die künftig strukturell unter Druck kommen werden.“ Parallel sei die Anzahl an M&A-Transaktionen im laufenden Jahr gesunken, vor allem die Chinesen griffen gerade seltener ins Portemonnaie.
Derweil ist freilich auch nicht abzusehen, wann und ob die Investitionen in Zukunftstechnik Profit abwerfen. Gerade das autonome Fahren ist noch ein Blick in die Glaskugel. Zugleich sparen die Autohersteller unter anderem im Einkauf. Das trifft – wie so häufig – vor allem die kleinen Unternehmen.
3) Den Zulieferern drohen Überkapazitäten
Die schwache Konjunktur im Reich der Mitte sorgt nun auch dafür, dass einige Zulieferer mit Überkapazitäten kämpfen müssen. Handelskrieg und Co. haben die Autoverkäufe im ersten Halbjahr zweistellig sinken lassen, verglichen mit dem Vorjahr. „Die Wachstumsprognosen waren gut und viele Zulieferer haben weitere Kapazitäten aufgebaut“, sagt Felix Mogge, Partner bei Roland Berger. „Jetzt bleiben bei manchen Zulieferern 60 bis 70 Prozent der neuen Kapazitäten ungenutzt.“
Der Studie zufolge gibt es keine allgemeingültige Lösung. Jedes Unternehmen müsste eine passende Strategie finden. Mogge rät zu mehr Flexibilität und agilen Strukturen, die Zulieferer sollten stärker Kooperationen prüfen und ihr Portfolio konsequent sortieren. „Zulieferer müssen entscheiden, ob sie in langfristig stagnierenden Bereichen die Marktführerschaft erlangen beziehungsweise verteidigen können“, sagt wiederum Christof Söndermann von Lazard. Wenn ja, dann sollte das Geschäft ausgebaut „und konsequent auf Ertragssteigerung und Cash-Flow-Maximierung ausgerichtet werden. Andernfalls sollte der Exit in Betracht gezogen werden.“
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