Elektromobilität Die Wasserstoff-Brennstoffzelle: Eine echte Alternative

Von Thomas Günnel

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Die neue Mobilität brachte bislang vor allem batterieelektrische Fahrzeuge auf die Straße. Die Brennstoffzelle kann aber vieles besser – und Wasserstoff ist ein vielversprechender Energieträger. Wo steht die Technik verglichen mit Akkus im Auto? Was fehlt ihr zum Durchbruch in der Mobilität?

Eine sogenannte PEM-Brennstoffzelle im Detail. Die Technik ist eine echte Alternative zur elektrischen Mobilität mit Akkus – und kann ganze Gesellschaften mit Energie versorgen.
Eine sogenannte PEM-Brennstoffzelle im Detail. Die Technik ist eine echte Alternative zur elektrischen Mobilität mit Akkus – und kann ganze Gesellschaften mit Energie versorgen.
(Bild: Daimler)

„Der Elektroantrieb ist heute der beste, weil effizienteste Antrieb, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren“: Mit diesen Worten leitete VW-Chef Herbert Diess am Vorabend der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt am Main die Präsentation des batteriebetriebenen Kompaktwagens ID 3 ein. Einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag lässt sich der Konzern den Wandel hin zur Elektromobilität kosten. Bis zum Jahr 2028 sollen 70 elektrisch angetriebene Modelle verfügbar sein.

Alle werden ihre Energie aus einem Akku beziehen – und sich mit dessen technischen Eigenschaften herumschlagen: Die Akkus sind in ihrer jetzigen Ausbaustufe schwer, ihre Energiedichte ist gering, und das Laden dauert lange. Schnellladestationen können den letzten Nachteil nicht vollständig ausgleichen.

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Beliebig oft ist das Schnellladen mit Blick auf die Lebensdauer des Akkus ohnehin nicht ratsam, von der noch unvollständigen Infrastruktur ganz zu schweigen. Meldungen über deutlich bessere Akkus mit doppeltem oder dreifachem Energiegehalt gibt es immer wieder. Ob und wann diese aber kommen, ist fraglich.

Wasserstoff: überlegener Energieträger

Die Alternative? Kennen wir alle aus der Knallgasprobe im Chemieunterricht: Wasserstoff. Er reagiert nach der Zündung mit reinem Sauerstoff. Das Ergebnis: Peng! Staunende Augen. Und die Erkenntnis, dass die Explosion Energie freigesetzt hat.

Als Energieträger ist Wasserstoff allen anderen chemischen Brennstoffen überlegen: 33,3 Kilowattstunden pro Kilogramm stecken in dem Gas. Zum Vergleich: Diesel kommt auf rund 12 kWh/kg, Benzin und Erdgas liegen knapp darunter, Lithium-Ionen-Akkus schaffen aktuell rund 0,14 kWh/kg. Entsprechend schwer müssen die Akkus für verwertbare Reichweiten sein – was wiederum den Verbrauch erhöht. Bei privater Nutzung ist das schlimmstenfalls lästig, für industrielle Szenarien wirtschaftlich und technisch nicht umsetzbar: Um mit einem batterieelektrisch betriebenen Lastkraftwagen annähernd dessen Diesel-Reichweite zu schaffen, würden die Akkus mehrere Tonnen wiegen.

Die Brennstoffzelle ist die konsequenteste Form des elektrischen Fahrens.

Peter Mertens, ehemals Entwicklungschef Audi

Toyota und der amerikanische Lkw-Hersteller Kenworth erproben deshalb seit etwa zwei Jahren einen wasserstoffbasierten Brennstoffzellenantrieb in schweren Lkws. Erfahrung mit dem Wasserstoff-Antriebsstrang hat Toyota: Vor rund fünf Jahren brachte der japanische Automobilhersteller den Mirai auf die Straße: die erste Limousine mit Brennstoffzellen-Technik, die sich in größeren Stückzahlen verkaufte; bis heute etwas über 10.000 Einheiten. Den Nachfolger stellte Toyota gerade auf der Tokyo Motor Show vor.

Viel praktische Erfahrung

Kurz darauf folgte Honda mit dem Clarity. Der koreanische Hersteller Hyundai war mit seinem ix35 FCEV zwar etwas früher auf dem Markt, verkaufte aber deutlich weniger Fahrzeuge. Inzwischen bietet der Hersteller mit dem „Nexo“ aber einen recht erfolgreichen Nachfolger zum Kauf an. Andere Hersteller wie Renault setzen die Technik inzwischen als Range Extender in Transportern ein. Im kommenden Jahr nimmt Toyota eine neue Fabrik in Motomatchi in Betrieb – und dann sollen 30.000 Einheiten des Mirai jährlich vom Band rollen. Die Brennstoffzellen-Stacks und Wasserstofftanks produziert der Hersteller selbst.

Die deutschen Hersteller sind noch zurückhaltend, obwohl sie in der Vergangenheit bereits an der Technik geforscht haben. Die Entwicklungen endeten meist als Versuchsträger oder sogenannte Technikstudien. Frei verfügbar beim Händler stand keines der Modelle. Bislang. Als „die konsequenteste Form des elektrischen Fahrens“ beschrieb der vormalige Entwicklungschef bei Audi, Peter Mertens, die Brennstoffzelle im vergangenen Jahr; und vereinbarte eine Entwicklungspartnerschaft mit Hyundai. Das Know-how dürfte dabei eher von Osten nach Westen fließen.

Herausforderung: Großserienfertigung der Membran

Eine erste Kleinserie eines Brennstoffzellen-Fahrzeugs will Audi „Anfang des kommenden Jahrzehnts“ auf den Markt bringen. Die größte Herausforderung aktuell: „die Fertigungstechnologie der Brennstoffzellen-Membran“, sagt Audi-Technikvorstand Hans-Joachim Rothenpieler und erklärt: „Für den chemischen Prozess sind extrem dünne Folien notwendig, die übereinander sortiert werden – das kann heute noch keiner in einem für die Großserie belastbaren Prozess leisten.“

Diese Aussage bestätigt sich beim Besuch von Johnson Matthey, einem britischen Hersteller von Spezialchemikalien, der in Swindon bei London Brennstoffzellen für Toyota fertigt: unter manufakturartigen Bedingungen. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben der älteste Lieferant für die Zellen und fertigt sie heute abwechselnd im Zwei- und Dreischichtbetrieb – und mit einem geringeren Platinanteil.

Eine Platin-Kobalt-Legierung senkt den Anteil des teuren Edelmetalls. Zusätzlich sorgt sie laut Johnson Matthey für eine aktivere Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff. Ein Quadratzentimeter der Membran kann rund ein Watt Energie liefern. Die Größe des Stacks bestimmt dann die Systemleistung.

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Wie funktioniert die Brennstoffzelle?

Wie funktioniert die Brennstoffzelle konkret? Eines vorweg: Eine Explosion wie im Chemieunterricht findet nicht statt! Stattdessen eine kontrollierte sogenannte kalte Verbrennung. Der Kern der Brennstoffzelle ist die Membran. Sie trennt als Elektrolyt den Wasserstoff vom Sauerstoff und ist durchlässig für Protonen. In automobilen Anwendungen hat sich die „Protonen-Austausch-Membran“ (PEM, polymer electrolyt membrane) durchgesetzt. Gründe dafür sind die hohe Leistungsdichte, ein hoher Wirkungsgrad und ihre Arbeitstemperatur von rund 80 °Celsius.

Wir gehen davon aus, dass 0,3 g Platin pro Kilowatt elektrischer Leistung eingesetzt werden müssen..

Wolfgang Axthammer, Geschäftsführer NOW GmbH

Auf ihren beiden Seiten hat die Membran zwei Elektroden: Kathode und Anode. Außerdem je eine Bipolarplatte mit Gaskanälen für Wasserstoff und Sauerstoff. Dieses System ist die sogenannte Membran-Elektroden-Einheit (MEA, membrane electrode assembly). In einem Brennstoffzellen-Fahrzeug sind zwischen 300 und 400 MEAs verbaut.

Die Elektroden der Membrane sind mit einem Katalysator beschichtet, meist Platin. In der elektrochemischen Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff entstehen zunächst Wärme und Wasser. Die elektrische Energie resultiert aus der sogenannten Potenzialdifferenz zwischen den Elektroden, die während der Reaktion erzeugt wird – diese lässt sich in elektrische Energie umwandeln. Das Platin ermöglicht die Reaktion der beiden Gase.

Heutige Brennstoffzellen benötigen deutlich weniger des Edelmetalls, verglichen mit den ersten Brennstoffzellen-Generationen. „Stand heute gehen wir davon aus, dass 0,3 g Platin pro Kilowatt elektrischer Leistung eingesetzt werden müssen. Verglichen dazu werden bei einem Diesel-Pkw mit Abgasreinigung aktuell circa 0,1 g Platin pro kW Motorleistung benötigt“, erklärt Wolfgang Axthammer, Geschäftsführer der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, NOW GmbH. Das Ziel ist, eine ähnliche Größenordnung wie bei Abgaskatalysatoren zu erreichen.

Brennstoffzelle mit Vorteilen

Aus technischer Sicht ist die Wasserstoff-Brennstoffzelle die Lösung für das Reichweitenproblem der Elektromobilität. Sie ist zwar komplexer als ein Akku, die Technik funktioniert aber zuverlässig und ist sicher. Die Autohersteller in Asien haben zudem inzwischen genug Erfahrung mit den kleinen Kraftwerken gesammelt.

Für schwere Nutzfahrzeuge reicht das Wasserstoff-Tankstellennetz sogar schon aus.

Jürgen Gerhardt, Produktbereichsleiter mobile Brennstoffzelle Bosch

Wichtiger Vorteil im Alltag: Es ändert sich kaum etwas. Der Wasserstoff lagert bei rund 700 Bar in rund fünf Liter großen Drucktanks. Die Fahrzeuge lassen sich in unter fünf Minuten volltanken und kommen dann je nach Modell zwischen 400 und 600 Kilometer weit. Außerdem sind die Tankanschlüsse standardisiert und an den Zapfsäulen montiert. Klingt nach einer probaten Lösung für alle Mobilitätsprobleme – ist es aber nicht, zumindest noch nicht.

Das Hauptproblem: Die Wasserstoff-Infrastruktur ist in Anbetracht der Möglichkeiten des Mediums schlecht ausgebaut. Es gibt zu wenige Brennstoffzellenfahrzeuge, die hohe Investitionen rechtfertigen würden; eine Wasserstofftankstelle kostet immerhin rund eine Million Euro. Und es gibt zu wenige Tankstellen, damit sich private Käufer für ein rund 70.000 Euro teures Brennstoffzellenfahrzeug entscheiden. Das Prinzip ist bekannt. Wie also lässt sich dieses Dilemma lösen?

H2 Mobility: Tankstellen für Deutschland

„1.000 intelligent platzierte Tankstellen können 100 Prozent der Autofahrer in Deutschland abdecken“, sagt Axthammer. Das ergab eine langjährige Analyse im Vorfeld der Gründung der „H2 Mobility Deutschland“. Das Unternehmen will ein flächendeckendes Wasserstoff-Tankstellennetz in Deutschland aufbauen, dazu gehören unter anderem Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und Total.

„Nationales Ziel ist es, bis 2025 abhängig von Fahrzeugzulassungen über bis zu 400 Tankstellen zu verfügen.“ Aktuell gibt es 82 (Live-Karte). Immerhin: „Für schwere Nutzfahrzeuge, die längere Strecken zurücklegen und häufig ein und dieselbe Tankstelle ansteuern, reicht dieses Tankstellennetz sogar schon aus“, meint Jürgen Gerhardt, Produktbereichsleiter mobile Brennstoffzelle bei Bosch.

Die Bundesregierung fördert bereits seit dem Jahr 2006 die Themen Brennstoffzelle und Wasserstoff im Projekt „Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie“. Im Juni 2019 schloss sie eine Energiepartnerschaft mit Japan – das beim Thema Brennstoffzelle bereits viel weiter ist. Wasserstoff ist dort zentrales Element der Energiepolitik. Bereits vor zwei Jahren brachte die dortige Regierung eine Strategie auf den Weg, die bestehende Projekte der inländischen Industrien zum Thema Wasserstoff bündelt.

Vorreiter Japan

Bis zum Jahr 2030 sollen in Japan rund 800.000 Fahrzeuge mit der Antriebstechnik auf den Straßen rollen. Außerdem sind heute bereits etwa 230.000 Haushalte mit stationären Brennstoffzellen ausgerüstet, die Heizenergie und Strom liefern – Stichwort: Wasserstoff-Gesellschaft. Bis 2030 sollen es rund fünf Millionen sein. Ein starkes Vorbild.

Sogar China hat sich davon inspirieren lassen: Bis zum Jahr 2025 sollen im Land 50.000 Brennstoffzellen-Fahrzeuge fahren, heute sind es rund 1.800. Auch in Deutschland tut sich etwas: Bis Ende 2019 wollte die Bundesregierung eine Wasserstoffstrategie beschließen, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft vorgeben soll. Das gelang nicht, weil sich einzelne Ministerien nicht auf Inhalte einigen konnten – jetzt soll eine Strategie im Frühjahr 2020 verabschiedet werden.„Wenn wir unsere ambitionierten langfristigen Klimaziele erreichen wollen, muss der verbleibende Gasbedarf zunehmend durch CO2-freie beziehungsweise CO2-neutrale gasförmige Energieträger ersetzt werden“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Anfang Oktober. „Wasserstoff wird aus meiner Sicht ein Schlüsselrohstoff werden, der unverzichtbar für die erfolgreiche Dekarbonisierung unserer wie auch vieler anderer Volkswirtschaften sein wird.“

Das Problem: die Energiebilanz

Das Gas hat Potenzial, weit über Fahrzeugantriebe hinaus. Der Knackpunkt: ausreichend Wasserstoff, der mittels Wasserelektrolyse hergestellt werden muss. Dabei wird Wasser mittels Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Aktuell passiert das hauptsächlich für industrielle Anwendungen – und noch nicht zu einhundert Prozent mit regenerativer Energie. Das Kilogramm Wasserstoff kostet dann laut Bosch oft mehr als fünf Euro. Tendenziell fällt dieser Preis mit steigender Produktion – und damit auch der Verkaufspreis. Die erste Generation des Mirai verbrauchte im Test rund ein Kilogramm Wasserstoff pro 100 Kilometer. An den Tankstellen kostet diese Menge derzeit 9,50 Euro – darauf haben sich die Partner der H2 Mobility geeinigt.

„Der Ausbau des Tankstellennetzes obliegt aber nicht alleine den Ländern“, erklärt Wolfgang Axthammer. „Die EU fordert die angemessene Ausstattung mit Infrastruktur für die alternativen Kraftstoffe Strom, Wasserstoff und Erdgas in allen EU-Mitgliedstaaten. Wir können uns das nicht aussuchen! Deutschland hat sich zum Errichten einer H2-Infrastruktur ambitionierte Ziele gesetzt. Das erste Ziel – 100 Tankstellen bis 2020 – wird aber erreicht.“

Für die Produktion von Wasserstoff mittels Elektrolyse sind circa 50 bis 55 kWh/kg Wasserstoff erforderlich. Leichte Variationen ergeben sich aus der verwendeten Technologie und dem Abgabedruck. Die Effizienz der Brennstoffzelle „well-to-wheel“, so ist aus der Industrie zu vernehmen, betrage etwa 35 bis 40 Prozent. Im Winter sinke sie um bis zu 16 Prozent – bei batterieelektrischen Fahrzeugen seien es bis zu 40 Prozent.

Geringere Anschlussleistung der Tankstellen

Einen weiteren Vorteil hat die Wasserstoff-Infrastruktur bei der Anschlussleistung: Eine H2-Tankstelle benötigt zwischen 45 und 120 kW – und kann damit sechs Fahrzeuge pro Stunde mit etwa 600 Kilometern Reichweite versorgen. Die gleiche Anzahl batterieelektrischer Fahrzeuge würde für diese Reichweite rund 900 kW benötigen.

Haltet nicht die Windräder an, sondern erzeugt Wasserstoff!

Sae Hoon Ki, Chefentwickler Brennstoffzelle Hyundai

Wichtig: Echte „grüne“ Mobilität erreichen beide Konzepte – und auch die in weiteren Schritten erzeugbaren E-Fuels – nur dann, wenn der verwendete Strom vollständig erneuerbar ist: der in den Akkus gespeicherte und der, mit dem die Elektrolyse vonstatten geht. Ohne weitreichende Kooperationen wird das nicht funktionieren. Eine hohe Nachfrage nach grünem Wasserstoff könnte die Erzeugerkosten senken. Aber: „Großskalige Elektrolysesysteme führen zwar zu geringeren Kosten bei der Elektrolyse. Die Rahmenbedingen dafür, insbesondere im Hinblick auf die Höhe der Stromkosten sind in Deutschland derzeit aber leider nicht gegeben“, sagt Axthammer.

Chance für den Arbeitsmarkt

Für die aktuell arg gebeutelten Automobilzulieferer kann die Brennstoffzelle dennoch ein Lichtblick sein. Etliche Unternehmen bieten bereits Produkte rund um die Brennstoffzelle an. Freudenberg Sealing Technologies verkündete erst im September eine Zusammenarbeit mit Flixbus; gemeinsam wollen die Unternehmen Brennstoffzellenbusse auf die Straße bringen.

Bosch erklärte im April, in die Produktion von Brennstoffzellen für Fahrzeuge einzusteigen. Bis zum Jahr 2030, schätzt der Zulieferer, seien bis zu 20 Prozent aller Elektrofahrzeuge weltweit mit Brennstoffzellen unterwegs. Deren Komponenten müssen produziert werden, ebenso Elektrolyseure und Komponenten für die Produktion des Wasserstoffs.

Damit sich das in belastbaren Marktzahlen niederschlägt, ist aber ein Umdenken in größerem Maßstab notwendig. Windenergieanlagen, die wegen überlasteter Netze stillstehen, dürfen in diesem Szenario nicht mehr vorkommen. Dr. Sae Hoon Ki, einer der Chefentwickler der Brennstoffzelle, die Hyundai in seinen Modellen einsetzt, fasste es bei einem Gespräch auf der IAA (vielleicht etwas zu) simpel zusammen: „Haltet nicht die Windräder an, sondern erzeugt Wasserstoff!“

Die norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben das ebenfalls erkannt: In einer gemeinsam erarbeiteten Wasserstoff-Strategie fordern sie vom Bund entsprechende Maßnahmen und wollen diese in der Wasserstoff-Strategie der Regierung verankert sehen, um „den sich selbst hemmenden Wirkungskreis aus hohen Investitions- und Betriebskosten für die Produktion einerseits sowie geringer Nachfrage andererseits zu durchbrechen.“

Akkus versus Zeitplan

Wieso also setzt ausgerechnet Volkswagen auf die batterieelektrische Mobilität, wenn sich doch aus der Wasserstoff-Mobilität etliche Vorteile ergeben? Zunächst drängt die Zeit: Die CO2-Grenzwerte für die Fahrzeugflotten müssen eingehalten werden – und das gelingt am schnellsten, salopp gesagt, mit einem Akku und einem Elektromotor. In der Emissionsberechnung der Fahrzeuge sind diese dann mit null Gramm Kohlendioxid unterwegs – was unsinnig, gleichwohl aber praktisch für die Gesamtrechnung ist. Die Wasserstoff-Infrastruktur kann dabei in so kurzer Zeit nicht mithalten. Die Fahrzeuge sind außerdem schlicht noch zu teuer.

So argumentierte Herbert Diess beim Produktionsstart des batterieelektrischen ID 3 Anfang November im Werk in Zwickau/Mosel: „Batterieelektrische Mobilität lässt sich schnell und kostengünstig umsetzen. Wasserstoff kann erst in der nächsten Dekade konkurrenzfähig werden, vorrangig in Lkws und schweren Fahrzeugen – und auch nur, wenn der Wasserstoff mit grüner Energie gewonnen wird. Für Pkws sind diese Alternativen, auch E-Fuels, auf absehbare Zeit zu teuer.“ Am Ende steht wie immer die entscheidende Frage: „Will es der Käufer zahlen?“

Fahrzeugplattform für alle Antriebsarten

„Elektrisches Fahren muss sich für den Bürger lohnen, sonst wird er sich nicht für den sauberen Antrieb entscheiden“, erklärte Diess am Vorabend der IAA folgerichtig. Vielleicht rechnet sich die Brennstoffzelle heute noch nicht in der Einzelrechnung „Marge pro Fahrzeug und Käufer“. Insgesamt, mit Blick auf die Gesellschaft und den aktuellen Diskurs zum Klimaschutz, hat die Technik aber das Potenzial für ein deutlich positives Ergebnis – nicht nur auf dem Papier.

Das wissen auch die Strategen bei Volkswagen und planen eine weitere Fahrzeugarchitektur: die „Modulare Plattform Elektro“ – die zum Ende des nächsten Jahrzehnts dann auch die Brennstoffzelle in die Modelle des Konzerns bringen kann.

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