Smart Factory Day Smarte Fabrik: „Hoodie trifft Blaumann“
Der Mensch ist der wichtigste Faktor einer smarten Fabrik. Wird das nicht beachtet, scheitern viele Projekte. Wie also damit umgehen? Das diskutierten Branchenexperten beim Smart Factory Day.
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IoT-Projekte umsetzen oder alte Prozesse digitalisieren: Immer kommt es dabei auf den Menschen an und weniger auf die Technik. Und zwar auf allen Hierarchieebenen. Das ist ein Fazit aus der Diskussionsrunde zu den Herausforderungen einer smarten Fabrik auf dem Smart Factory Day von »Automobil Industrie«.
Die Menschen wollen in einem modernen Unternehmen arbeiten.
IT- beziehungsweise IoT-Projekte sind anders als andere Umstrukturierungen, sagt Edith Kneitz, CIO-Beraterin bei MHP. „Oft werden betroffene Mitarbeiter nicht in die Projekte eingebunden, weil es um Technik geht.“ Das verstärke die Intransparenz. Außerdem verändern Digitalisierungsvorhaben das Arbeitsumfeld heute schneller als die Restrukturierung vergangener Tage. Aber: Die Mitarbeiter sind grundsätzlich bereit dafür, findet Kneitz: „Die Menschen wollen in einem modernen Unternehmen arbeiten.“
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Smart Factory Day 2020
Smarte Fabrik: „Pflaster kleben“ reicht nicht mehr
Mehr Aufwand für Einzelne
Dem stimmt Roberto Henkel, Bereichsleiter Digitalization & Operations IT beim Automobilzulieferer Schaeffler, zu. „Der Mensch ist nach wie vor der wichtigste Bestandteil, auch in einer smarten Fabrik.“ Bei der digitalen Transformation der Prozesse gebe es Gewinner und Verlierer unter den Berufsfeldern, sagt Michael Brugger, Abteilungsleiter Digitalisierung beim Entwicklungsdienstleister Edag PS. Die einen haben es durch digitale und gut visualisierte Arbeitsanweisungen im Arbeitsalltag leichter, während andere zum Beispiel durch ein Manufacturing Execution System (MES) von der Arbeitsvorbereitung entkoppelt werden.
„Global gesehen optimiert ein MES die Abläufe“, sagt Brugger. Aber für einzelne Mitarbeiter, zum Beispiel in einer Schicht, kann durch zusätzliches Rüsten der Aufwand steigen. „Daher wird Digitalisierung ambivalent wahrgenommen“, sagt Brugger und ergänzt: „Transparenz ist wichtig.“
Rollen der Mitarbeiter beachten
Wichtig ist deshalb, Technologieprojekte als Transformation aufzusetzen, empfiehlt Edith Kneitz. Denn mit der neuen Technik ändern sich nicht nur Prozesse sondern auch die Rollen der Mitarbeiter. „Change Management ist wichtig“ ist sich Kneitz sicher. Dafür brauche es ein eigenes Team, das über das gesamte Projekt hinweg Informationen bereitstellt. „Aus der Vielzahl der Informationen müssen die Nachrichten, die für jeden einzelnen Mitarbeiter relevant sind, herausgearbeitet werden.“
HMI ist die Schnittstelle, um die Kundenzufriedenheit zu steigern.
„Man muss die Leute dort abholen, wo sie stehen“, gibt Brugger ein Bild. „Dafür braucht es ein klares Commitment von Management und mittlerer Führungsebene.“
Zusammenarbeit und verständliche Anzeigen
Auch die Zusammenarbeit innerhalb der Projektteams gestaltet sich an vielen Stellen neu, wie IT-Strategieleiter David Jakob berichtet. Bei seinem Arbeitgeber Porsche sei es in der Zusammenarbeit mit dem eigenen Digital Lab zunächst darum gegangen, Hürden und Vorurteile beiseite zu schaffen. „Hoodie trifft Blaumann“ beschreibt Jakob das Aufeinandertreffen der beiden Welten.
In den bisher umgesetzten Projekten ging es darum, die Abläufe in der eigenen Produktion und Logistik zu verbessern. Die Schnittstelle zu den Lieferanten lag dabei noch nicht im Fokus. Das ändere sich gerade, sagt Jakob. Die vorausschauende Wartung sei ein Thema, das sich laut Roberto Henkel relativ einfach umsetzen lasse und schnell zählbare Erfolge bringe.
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Produktion
Lean und Digital: Was ist Hype und was wichtig?
Ganze Prozesse betrachten
Doch noch viel zu oft wird für Henkel die Datentransparenz zu sehr auf einzelne Maschinen beschränkt. Man müsse sich ganze Prozesse ansehen, inklusive Warenströme, Lieferanten und Kunden. „Bereiche, in denen heute viel Papier bedruckt wird“, sagt Henkel. Ein wesentliches Element der Anlagentechnik ist für Brugger das HMI, die Mensch-Maschine-Schnittstelle. „Das klingt sehr technisch“, sagt Brugger, „aber das ist die Schnittstelle, die ich betrachten muss, um die Kundenzufriedenheit zu steigern“. Da gebe es kein Katalogprinzip, jeder Fall sei anders und brauche ein eigenes Konzept.
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