Auto Shanghai Das zeigen die Zulieferer auf Chinas wichtigster Automesse

Autor Sven Prawitz |

In Europa sind Messen mit Ausstellern und Besuchern in Hallen in der Pandemie nicht denkbar. In Shanghai praktizieren die Automobilzulieferer das alte Normal der Autoshow.

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Das Konzeptfahrzeug von Webasto zeigt ein Dachmodul mit integrierten Sensoren (Lidar, Kamera), einem sich öffnenden Panoramadach, neue Batterietechnik sowie ein integriertes Thermomanagementsystem.
Das Konzeptfahrzeug von Webasto zeigt ein Dachmodul mit integrierten Sensoren (Lidar, Kamera), einem sich öffnenden Panoramadach, neue Batterietechnik sowie ein integriertes Thermomanagementsystem.
(Bild: Webasto)

Die im Wechsel stattfindenden Messen in Peking und Shanghai sind seit einiger Zeit die wichtigsten Automessen in Asien. Doch wenn die Auto Shanghai am Mittwoch (21. April) beginnt hat sie ein Alleinstellungsmerkmal: Die Messe in der Metropole an Chinas Ostküste wird vermutlich die bedeutendste Automesse des Jahres 2021 sein.

Denn die Automobilausstellungen der westlichen Welt haben an Bedeutung verloren (z. B. Genf, Detroit) oder können Pandemie-bedingt nicht stattfinden. Ob die neugestaltete IAA in München stattfinden wird, ist momentan fraglich, auch wenn die Messe München Optimismus verordnet.

Die deutschen Automobilhersteller stellen in Shanghai selbstbewusst ihre Elektromodelle in den Fokus. Wir blicken auf ausgewählte Zulieferer, die neben E-Antrieben neue Technik aus den Feldern Software, Elektronik und Thermomanagement vorstellen.

Nicht auf der CES in Las Vegas sondern in Shanghai zeigt ZF die aktuelle Version seines Computers für das automatisierte Fahren. Der KI-fähige Hochleistungsrechner könne laut ZF als Domänen-, Zonen- oder Zentralcontroller eingesetzt werden. Er sei für alle Stufen des automatisierten oder autonomen Fahrens geeignet, also von Level 2 bis Level 5. Der „ProAI“ genannte Rechner soll nach Angaben des Zulieferers im Jahr 2024 in Serie gehen. Man habe mehrere Aufträge für die Komponente erhalten, teilt das Unternehmen mit.

Der Zulieferer kündigt zudem ein System für automatisiertes, fahrerloses Parken an – das sogenannte Valet Parking. Anders als zum Beispiel beim Daimler-Projekt mit Bosch sollen Fahrzeuge mit ZF-Technik ohne Zutun der Parkhaus-Infrastruktur ihren Stellplatz finden. Die Technik nutze „Visual Simultaneous Localization and Mapping“, um in Echtzeit eine zentimetergenaue Karte der Fahrzeugumgebung zu erstellen. Der Sensorsatz basiere auf einer Frontkamera, einem Frontradar, vier Umgebungskameras sowie zwölf Ultraschallsensoren.

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„Das gesamte System wird in China entwickelt und kommt Ende 2022 erstmals bei einem chinesischen Automobilhersteller zum Einsatz“, sagt Renee Wang, Präsidentin von ZF China. „Wir glauben, dass dieses infrastrukturunabhängige System zum automatisierten Parken eine kosteneffiziente Lösung für viele globale Automobilhersteller sein wird.“

Neue Radartechnik und Sensoren im Dachmodul

Auf der Auto Shanghai stellt Continental seine sechste Generation von Fernbereichsradar und Umfeld-Radar vor. Der Produktionsanlauf sei für das Jahr 2023 geplant, erste Kundenaufträge seien vorhanden, teilt das Unternehmen mit. Beide Radarsensoren teilen sich eine Soft- und Hardware-Plattform, was die Komplexität und somit die Kosten reduzieren soll. Die Radare decken verschiedene Anwendungen ab: Von Euro-NCAP-Anforderungen in einer Einstiegsvariante bis hin zu Funktionen für höhere Automatisierungsgrade wie automatisierte Spurwechsel in einer Premiumvariante. Mit den Sensoren lassen sich laut Conti die Vorgaben der General Safety Regulation (GSR) abdecken.

Das neue Umfeld-Radar habe mit rund 200 Metern wesentlich mehr Reichweite als bisherige Nahbereichsradare. Außerdem sind die neuen Sensoren gegenüber der fünften Generation um nahezu 40 Prozent kompakter. „Generell verbessern wir mit der sechsten Generation die Ausgangsbedingungen für den Einbau der Radarsensoren im Fahrzeug“, sagt Norbert Hammerschmidt, Leiter Programm-Management Radar. Die neuen Surround- und Fernbereichsradare arbeiten standardmäßig bei 77 GHz, sind jedoch für das Band zwischen 77 und 81 GHz vorbereitet und bieten damit die Vorteile eines größeren Frequenzbandes.

Webasto zeigt anhand eines Konzeptfahrzeugs seine Produkte für autonomes Fahren, E-Antrieb und Komfort. Darunter zum Beispiel ein Dachmodul mit integrierten Sensoren (Lidar, Kamera), einem sich öffnenden Panoramadach, ein Leichtbau-Frontmodul, Batterietechnik sowie ein integriertes Thermomanagementsystem. Eine neue Generation eines Batteriesystems für Hybridfahrzeuge wurde zusammen mit chinesischen Automobilherstellern entwickelt und soll demnächst im Werk Jiaxing produziert werden.

Zwanzig Jahre nach dem Eintritt in den chinesischen Markt möchte Webasto zeigen, dass es mehr liefern kann als Dachmodule. Neben dem Kerngeschäft versucht der Zulieferer die anderen Produktbereiche auszubauen.

Thermomanagement für E-Fahrzeuge

Rheinmetall zeigt unter anderem ein E-Motorengehäuse und eine Batteriewanne, die jeweils von chinesischen Joint Ventures des Konzerns vor Ort in China produziert werden. Neben den in E-Fahrzeugen eingesetzten Gussteilen stellt der Zulieferer außerdem Komponenten zur Kühlung von Batterien sowie in E-Motoren eingesetzte Pumpen aus. Darunter zum Beispiel ein elektrischer Klimakompressor für Elektroautos. Gezeigt werden außerdem Komponenten für aktuelle Brennstoffzellenantriebe wie etwa ein Wasserstoff-Rezirkulationsgebläse, ein Kathodenventil sowie spezielle Kühlpumpen für Hochvoltantriebe.

Auf der Automesse präsentiert Valeo zwei Produkte, die für ausreichende Reichweite von E-Autos sorgen sollen, ohne dass die Insassen auf Komfort verzichten zu müssen. Eine neue Wärmepumpe bezieht zwei Drittel ihres Energiebedarfs aus der Umgebungsluft unter Verwendung eines natürlichen Kältemittels, sodass „nur selten“ Energie aus der Fahrzeugbatterie bezogen werden muss. Mit diesem System erziele man bei Elektrofahrzeugen bei -15 Grad Celsius bis zu 30 Prozent mehr Reichweite als mit herkömmlichen Heizsystemen. Im Jahr 2021 integriert ein großer europäischer OEM weltweit erstmalig in seine neue Elektrofahrzeugplattform eine Klimasystem-Option (HVAC). Hier kommt die Wärmepumpentechnik von Valeo zum Einsatz.

Die zweite vorgestellte Heiztechnik setzt sich aus Heizplatten zusammen, die unter der Innenverkleidung versteckt sind. Im Vergleich zu konventionellen Heizsystemen verbrauche diese System 25 Prozent weniger elektrische Energie bei nur vier Insassen und 50 Prozent weniger, wenn nur der Fahrer im Auto sitzt. Das Gemeinschaftsunternehmen Valeo Siemens eAutomotive zeigt zudem einen vollelektrischen Antriebsstrang mit 100 kW Leistung. Er besteht aus einem Elektromotor, einem Wechselrichter und einem Untersetzungsgetriebe. Das System eigne sich für kleine und mittelgroße Stadtautos.

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Im Zentrum des Messeauftritts von Grammer steht das Innenraumkonzept „Pure“. Die Studie wird per Video und Displays vorgestellt. Mit einer Reihe von Exponaten soll der Pure-Ansatz greifbar werden: Ein Modell zeigt beispielsweise das Potenzial von 3-D-geformtem Glas mit Funktionalitäten in Premium-Oberflächen. Die Sliding Console stehe für flexible Ablage- und Gestaltungsmöglichkeiten. Mit der Audio Headrest bringt Grammer neue Klang- und Kommunikationsoptionen ins Spiel – und stellt schließlich Konsolenmodule und Luftführungen vor, die aus recycelten Werkstoffen produziert werden.

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